Testverfahren
Der Einkauf: Wir haben elf Fahrradhelme eingekauft. Im Test sind überwiegend Schalenhelme in klassischer Form, aber auch welche, die im Design BMX- oder Skateboard-Helmen gleichen. Mit dabei: drei Modelle mit LED-Rückleuchten.
Der Praxistest: Ein Fachlabor prüfte in Anlehnung an die internationale Norm EN 1078 die Schutzfunktion der Helme. Zum Ermitteln des Stoßdämpfungsvermögens ließen die Experten die Testhelme, gefüllt mit einem Normprüfkopf, auf einen flachen Untergrund fallen sowie auf eine Kante, die der eines Bordsteins nachempfunden ist. Die Norm legt den Mindeststandard fest. Wir wollten wissen, ob die Helme noch mehr Schutz bieten und ließen sie unter verschärften Bedingungen testen.
So prüfte das Labor zusätzlich die Stoßdämpfwirkung an einem Aufprallpunkt an Stirn und Schläfe, der außerhalb der Norm liegt. Der Radverkehr wird wegen verbesserter Gangschaltungssysteme und elektronischer Tretunterstützung (E-Bikes, Pedelecs) immer schneller, deshalb nahmen die Laborexperten zusätzlich auch die niederländische Vorschrift NTA 8776 für Speed-E-Bikes als Grundlage.
Im Abstreiftest nach EN-Norm prüften sie, ob der Helm mit geschlossenem Kinnriemen und Verstellsystem bei plötzlichem Zug auf dem Prüfkopf bleibt. Nach einem ebenfalls von der Norm vorgegebenen Verfahren testeten sie die Belastbarkeit von Riemen und Verschluss und ob sie sich unter einer Belastung mit einem Gewicht einhändig öffnen lassen. Das ist wichtig für den Fall, dass der Helmträger, etwa nach einem Unfall, festhängt. Zu einer guten Ausstattung gehören Reflektoren und - zumindest an den vorderen Belüftungsöffnungen - ein Insektenschutz, damit keine Wespe mit dem Fahrtwind unter die Helmschale gelangen kann.
Die Inhaltsstoffe: Wir schickten die Helmbestandteile mit andauerndem Hautkontakt zur Schadstoffanalyse in die Labore, darunter Innenpolster, Kinngurte und Plastikteile des Verstellsystems. Die Kunststoffe ließen wir unter anderem auf schädliche Weichmacher, die Polster auf problematische Farbstoffe analysieren.
Die Weiteren Mängel: Die Platinen der LED-Rücklichter ließen wir darauf untersuchen, ob sie mit bromierten Verbindungen behandelt sind, Produkt und Verpackungen, ob sie PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen enthalten. Bei der Entsorgung werden diese zu einem Umweltproblem. Auch die Vollständigkeit der Gebrauchsanweisung und die Kennzeichnung am Helm spielten bei diesem Testergebnis eine Rolle.
Die Bewertung: Sicherheit geht vor. Deshalb beruht das Gesamturteil auf der Praxisprüfung. Ein schlechtes Urteil der Inhaltsstoffe kann dieses Ergebnis aber weiter verschlechtern.
Bewertungslegende
Bewertung Testergebnis Praxisprüfung: Das Testergebnis Praxisprüfung setzt sich zusammen aus den Teilergebnissen Schutzfunktion (60 Prozent), Trageeigenschaften (30 Prozent) und Ausstattung (10 Prozent). Das Teilergebnis Schutzfunktion setzt sich zu gleichen Teilen aus folgenden Ergebnissen zusammen: Stoßdämpfung/erweiterte Stoßprüfungen, Abstreiftest, Belastbarkeit Riemen und Verschluss. Ist eine der Prüfungen "mangelhaft", kann das Teilergebnis Schutzfunktion nicht besser als "mangelhaft" sein. Stoßdämpfung/erweiterte Stoßprüfungen: in Ordnung/ alle bestanden entspricht "sehr gut". Abstreiftest: bestanden entspricht "sehr gut". Belastbarkeit Riemen und Verschluss: in Ordnung entspricht "sehr gut"; kein einhändiges Öffnen bei Belastung möglich entspricht "mangelhaft". Das Teilergebnis Trageeigenschaften setzt sich zu gleichen Teilen aus den Ergebnissen Belüftung (Temperaturunterschied im Vergleich zum Fahren ohne Helm) sowie Feineinstellung zusammen. Ist das Ergebnis Feineinstellung aufgrund eines fehlenden Anpasssystems "mangelhaft", kann das Teilergebnis Trageeigenschaften nicht besser als "mangelhaft" sein. Belüftung: Ein Temperaturunterschied im Vergleich zum Fahren ohne Helm von weniger als zwei Grad Celsius entspricht "sehr gut"; von zwei bis Größenanpasssystem, Verstellen nur über Kinnriemen möglich entspricht "mangelhaft". Es wird kaufmännisch gerundet. Unter dem Teilergebnis Ausstattung führt zur Abwertung um zwei Noten: ein nicht vorhandener Insektenschutz. Zur Abwertung um eine Note führt: nicht vorhandene Reflektoren. Ist das Teilergebnis Schutzfunktion "mangelhaft", kann das Testergebnis Praxisprüfung nicht besser als "mangelhaft" sein. Ist das Teilergebnis Trageeigenschaften aufgrund eines fehlenden Anpasssystems "mangelhaft", kann das Testergebnis Praxisprüfung nicht besser als "befriedigend" sein. Ist das Teilergebnis Ausstattung "befriedigend" oder "ausreichend", kann das Testergebnis Praxisprüfung nicht besser als "gut" sein.
Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: Anilin. Zur Abwertung um zwei Noten führt: eine antibakterielle Ausrüstung (hier: Zinkpyrithion). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) optische Aufheller in Produktteilen mit Hautkontakt; b) mehr als 1 mg/kg Antimon im Eluat. Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: Kennzeichnung am Produkt nur in Englisch. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Brom auf der Platine des Helmrücklichts; b) PVC/ PVDC/chlorierte Verbindungen im Produkt und/oder in der Verpackung; c) unvollständige Gebrauchsanleitung (hier: fehlende Angabe "Verschluss darf nicht auf Kinn aufliegen").
Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Praxisprüfung. Ein Testergebnis Inhaltsstoffe, das "befriedigend" oder "ausreichend” ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Inhaltsstoffe, das "mangelhaft" oder "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.
Testmethoden
Testmethoden Praxisprüfung: Ausstattung, technische Merkmale, Deklaration gemäß DIN EN 1078: Überprüfung durch Laborexperten. Schutzfunktion: Prüfung gemäß EN 1078: 1. Stoßdämpfungsvermögen: Prüfung an 3 Mustern mit jeweils 2 Aufprallpunkten (je 1 x flach aufkommend und 1 x auf Kante). Messung der Beschleunigung am Prüfkopf beim Aufprall. Prüfung mit einem Normprüfkopf, Größe J, Umfang 57,5 cm, für alle Helme. 2. Abstreifsicherheit (Wirksamkeit der Trageeinrichtung): Helm auf Prüfkopf aufgesetzt, Kinnriemen fest zugezogen. Mit Hilfe eines hinten mit Haken am Helm angebrachten Drahtseils wird Helm einer plötzlichen Zugkraft nach schräg oben und vorn ausgesetzt, um zu prüfen, ob er in Vorwärtsrichtung vom Kopf abgestreift werden kann. 3. Belastbarkeit von Riemen und Verschluss (Festigkeit der Trageeinrichtung und Leichtigkeit des Öffnens): Trageeinrichtung wird dynamischer Belastung ausgesetzt (Zug am Kinnriemen gegen unten). Trageeigenschaften: Überprüfung auf Mängel durch 3 Laborexperten mit Kopfgrößen im Größenbereich des Fahrradhelms.Belüftung (Temperaturunterschied im Vergleich zum Fahren ohne Helm): Erwärmung des Prüfkopfs auf konstante Körpertemperatur. Messung der Oberflächentemperatur mit Wärmebildkamera. Kühlung des Prüfkopfs mit aufgesetztem Helm mit Wind (15 km/h) 5 Minuten lang. Nach Helmabnahme sofortige Messung der Oberflächentemperatur. Zum Vergleich Kühlung des Prüfkopfs ohne Helm mit Wind (15 km/h) 5 Minuten lang, anschließende Messung der Oberflächentemperatur. Ermitteln der Temperaturdifferenz [K].
Testmethoden Inhaltsstoffe: Phthalate, weitere Weichmacher, phenolische Verbindungen, Insektizide: GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung; untersucht wurden die Polster der Auskleidung sowie die Kinnriemen und Verschlusselemente aus Kunststoff. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen, Brom auf der Platine (falls LED-Rücklicht vorhanden): Röntgenfluoreszenzanalyse. Antimon: Elution von Schwermetallen mittels saurer Schweißlösung, Elementbestimmung mittels ICP-MS; untersucht wurde die textile Auskleidung des Helms. Lösliches Nickel aus Metallteilen: Simulierte Abrieb- und Korrosionsprüfung zum Nachweis der Nickelabgabe von mit Auflagen versehenen Gegenständen gemäß DIN EN 12472 (04/2004); Referenzprüfverfahren zur Bestimmung der Nickellässigkeit gemäß DIN EN 1811 (10/2015); untersucht wurden die Metallteile des Riemens. Aromatische Amine: Prüfung auf Amine nach reduktiver Spaltung; Analytik entsprechend DIN EN 14362-1:2017-05; bei Feststellung aromatischer Amine in der GC/MS-Analyse wird das Ergebnis entsprechend der Norm durch ein zweites Verfahren (HPLC/DAD oder TLC) abgesichert; bei Hinweisen auf 4-Aminoazobenzol zusätzliche Prüfung entsprechend DIN EN 14362-3:2017-05; Bestimmungsgrenze 1 mg/kg; zusätzliche Prüfung auf Anilin und Xylidine; untersucht wurde eine Mischprobe aus den Oberstoffen der Auskleidung, den Riemen und weiteren textilen Bestandteilen. Allergisierende Dispersionsfarbstoffe: Analytik entsprechend DIN 54231 (November 2005); Dünnschichtchromatografie (TLC); HPLC mit DAD (UV/Vis-Detektor); untersucht wurde eine Mischprobe aus den Oberstoffen der Auskleidung, den Riemen und weiteren textilen Bestandteilen. Optische Aufheller: qualitativer Nachweis (UV-Licht); untersucht wurde die textile Auskleidung und die Riemen. Antibakterielle Ausrüstung mit Zinkpyrithion: per Deklaration.
Einkauf der Testprodukte: November 2017
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin April 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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