Nein, Maria Königin ist keine Schönheit. Zumindest nicht im klassischen Sinn. Keine Gotik, kein Barock. Gebaut in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, repräsentiert die Kirche Maria Königin in Dülmen bei Münster den nüchternen Stil der Nachkriegsmoderne: Beton, eine rotbraune Klinkerfassade, schlichte Linien, klare Formen. Doch für Jahrzehnte war das Gotteshaus ein wichtiger Ort der Begegnung für die katholische Gemeinde in der kleinen westfälischen Stadt. Aber auch im stark katholischen Dülmen besuchen immer weniger der rund 46.000 Einwohner regelmäßig den Gottesdienst. Außer an Heiligabend herrschte in den letzten Jahren in Maria Königin oft gähnende Leere - so wie in vielen Kirchen in Deutschland. Die Konsequenz: Die Kirchengemeinde wurde mit einer weiteren zusammengelegt, auch aus Kostengründen. Doch was anstellen mit einer Kirche, die keiner mehr so richtig nutzt und deren Unterhalt viel Geld kostet? Abreißen? Mit viel Geld und Energie ein Begegnungszentrum etablieren? Einen Supermarkt einziehen lassen?
Emotionen spielen eine Rolle
Schon nach relativ kurzer Diskussion im Ort war klar: Die Dülmener wollten die Kirche im Dorf lassen. Sprich: Sie sollte stehen und auch als solche erkennbar bleiben. Denn für die Kirchengemeinde und alle Bewohner des Stadtteils war und ist Maria Königin ein Stück Heimat. "Viele Dülmener wurden hier getauft, waren Messdiener, haben geheiratet und Angehörige zu Grabe getragen. Da gibt es nach wie vor eine hohe emotionale Bindung. Auch viele, die damals den Kirchenbau mit Spenden unterstützt haben, sind noch am Leben", sagt Hubert Deipenbrock. Er ist Vorstand der katholischen Heilig-Geist-Stiftung in Dülmen, der Bauherrin des Umbaus.
Warum nicht Wohnungen einbauen? Die Idee klang erst ketzerisch. Geht das überhaupt: rechtlich, baulich und von den Kosten her? Eine Voruntersuchung kam zu einem positiven Ergebnis, die Jury eines Architektenwettbewerbs kürte einstimmig den Entwurf des Büros Feja + Kemper Architekten aus Recklinghausen zum Sieger. Für den symbolischen Preis von einem Euro wurde die Stiftung offizieller Nutzer von Grund und Boden in Form eines Erbbaurechts. Dann ging alles seinen kirchenrechtlichen Gang. Maria Königin wurde entwidmet, also profanisiert, um der neuen Nutzung zugeführt werden zu können.
Haus im Haus Gottes
Der Entwurf der Architekten sieht als zentralen Gedanken ein Haus-im-Haus-Konzept vor. Der Hauptraum der insgesamt rund 800 Quadratmeter großen Kirche wurde nach ihrer Entwidmung entkernt, an drei Seiten wurden bodentiefe Fenster zur Belichtung der Wohnungen eingebaut. "Damit das funktioniert, muss die Kirche möglichst frei von Stützen und in einem guten Erhaltungszustand sein, denn die bestehende Hülle muss ja weiterhin gepflegt und in Ordnung gehalten werden", sagt Architekt Franz-Jörg Feja. Auch das Volumen muss groß genug sein, damit ausreichend Wohnungen eingebaut werden können. Deren Wände aus Kalksandst...