Das Sichtfeld ist eingeschränkt, die Sehkraft getrübt, jede Bewegung kostet enorm viel Kraft, Muskeln und Gelenke arbeiten einfach nicht mehr wie sie sollen. So soll das Alter sein? Wer das dankenswerterweise (noch) nicht im Alltag erlebt, kann es nachempfinden: zum Beispiel mit einem Alterssimulationsanzug, den Krankenkassen auf Messen präsentieren - Alter auf Probe. Wer in das einem Taucheranzug ähnliche schwere und hinderliche Teil steigt, erfährt am eigenen Leib, welche Beeinträchtigungen auf uns im Alter zukommen. Auch wer sich versuchsweise in einen Rollstuhl setzt oder einen Rollator ausleiht, erfährt im wahrsten Sinne ganz neue Grenzen. Denn unsere gebaute Umgebung - ob Eigenheim oder Mietwohnung - ist nur schlecht auf Menschen mit eingeschränkter Mobilität und Sinneskraft ausgerichtet. Das gilt auch für den öffentlichen Raum. Jede Stufe, jede Kante oder ein zu schmaler Durchgang wird zum unüberwindlichen Hindernis.
Doch selbst in neu gebauten Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen werden Menschen in ihrer Bewegung behindert, ob gesund oder mit Beeinträchtigung. Denn auch junge Familien, die mit einem Kinderwagen unterwegs sind, freuen sich über genügend Platz und schwellenlose Zugänge. Und eine bodenebene oder zumindest flache Dusche ist Komfort pur und verhindert Unfälle in jedem Alter.
Die Erfahrung im Alterstaucheranzug schafft sicher Bewusstsein im Einzelfall, doch kurzsichtige Nachlässigkeit und Unwissenheit sind noch immer die Regel unter privaten Bauherren. Dass viele Planer und Bauträger keinen Gedanken an Barrierefreiheit verschwenden, obwohl sie es eigentlich müssen, ist dagegen kaum verzeihlich angesichts unserer rasch alternden Gesellschaft.
Die größte Aufgabe liegt im Gebäudebestand. Etwa nur 1,43 Millionen der mehr als 40 Millionen Wohnungen waren 2011 weitgehend barrierefrei, im Jahr 2020 werden aber mindestens doppelt so viele gebraucht. "Wir haben jahrzehntelang falsch gebaut und falsch investiert in Häuser, mit denen wir im Alter nicht zurechtkommen", sagt Frank Opper. Dies betrifft sowohl Mietwohnungen ohne Aufzug als auch Einfamilienhäuser am Stadtrand und auf dem Land. Der Architekt aus Kaarst bei Düsseldorf ist einer der wenigen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für barrierefreies Bauen, die es in Deutschland gibt. Doch er macht Hoffnung: "Das Thema wird allmählich intensiver betrachtet, denn der Bedarf für barrierefreies Wohnen steigt rasant und dadurch auch die Sensibilität dafür."
Entsprechend rät Opper, bei jeder Renovierung und bei jedem Umbau Hindernisse zu entfernen. "Alles was wir heute barrierefrei gestalten, kommt uns im Alter zugute", betont der Fachmann, der nach einem unverschuldeten Motorradunfall selbst Rollstuhlfahrer ist. Doch noch zu viele warten ab und lassen es darauf ankommen. Die Bereitschaft, sich mit dem Leben im Alter auseinanderzusetzen, ist eben nicht jedermanns Sache. Ist es dann so weit, hilft ein...