Probiotische Joghurts im Test: Wie gut sind Actimel, Yakult & Co.?

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2010 | | Kategorie: Essen und Trinken | 05.10.2009

Probiotischer Joghurt im Test: Welcher ist empfehlenswert?
Foto: nelen/Shutterstock

Probiotische Joghurts können viel mehr als ein einfacher Joghurt. Das versprechen zumindest die Hersteller. Ob das stimmt? So oder so: Nicht alle Produkte sind ohne Fehl und Tadel.

Es gab Zeiten, da wählte man seinen Joghurt einfach nach dem Geschmack aus. Aber das war vor 1995. Denn da brachte Nestlé den probiotischen Joghurt LC1 auf den deutschen Markt. Ein Lebensmittel, das neben dem Geschmack auch einen Beitrag zum Wohlbefinden versprach. Seitdem gibt es gesunden Joghurt – und noch gesünderen Joghurt.

Ein feiner Unterschied, der ein ganzes Marktsegment am Leben hält: Heute führt jeder Discounter Becher und Fläschchen mit probiotischem Joghurt, auf denen eine Stärkung der Abwehrkräfte oder eine bessere Darmaktivität versprochen werden.

Was macht Joghurt probiotisch? 

Probiotischer Joghurt zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an Keimen aus, die die Magensäure überleben und so lebend im Dickdarm ankommen. Hier sollen sie positive Effekte bewirken – zum Beispiel unerwünschte Keime verdrängen oder für eine bessere Verdauung sorgen.

Allerdings können auch gewöhnliche Naturjoghurts, die nicht als probiotisch deklariert sind, Keime mit dieser Eigenschaft besitzen. Dies ist allerdings weniger gut erforscht. Im Gegensatz dazu ist bei den Kulturen in probiotischen Joghurts hinreichend nachgewiesen, dass sie lebend im Dickdarm ankommen.

Probiotischen Joghurt kaufen: Gut angelegtes Geld?

Für den täglichen Schluck Wohlbefinden hat jeder Deutsche zuletzt pro Jahr rund 7,20 Euro ausgegeben, so das Marktforschungsunternehmen Information Resources. Gut angelegtes Geld oder reiner Schmu? Die Meinungen zu probiotischen Joghurts gehen auseinander.

Der emeritierte Professor Michael Teuber, der jahrelang am Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaft der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich gearbeitet hat, ist gegenüber den Produkten und den Versprechungen der Hersteller skeptisch: "Hier wird der Eindruck erweckt, dass man sich so mies ernähren kann, wie man will. Zum Ausgleichen gibt es ja probiotischen Joghurt", sagt er.

Probiotischer Joghurt im Test: Wir haben 14 Produkte untersucht.
Probiotischer Joghurt im Test: Wir haben 14 Produkte untersucht. (Foto: Josep Suria/Shutterstock)

Kritik an probiotischen Joghurts

Kritisch ist der Wissenschaftler auch gegenüber den Untersuchungen, mit denen die Hersteller sich die Wirksamkeit ihrer Produkte bestätigen lassen: "Die Studien werden oft mit viel zu wenigen Teilnehmern durchgeführt", erklärt er. Dies könne man keinesfalls mit den Studien vergleichen, die die Pharmahersteller bei der Zulassung von Medikamenten vorlegen müssten.

Auch fehlten in manchen Fällen schlicht Vergleiche mit gewöhnlichem Joghurt. Denn auch der kann laut Teuber im Darm positive Effekte bewirken. Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass die Einnahme bestimmter probiotischer Joghurts rein statistisch die Dauer von Erkältungen verkürzt oder für eine Linderung von Durchfall sorgt, heißt dies noch lange nicht, dass jeder gleichermaßen darauf anspricht.

"Die Studien sagen nur etwas über die Gruppe der getesteten Probanden aus, niemals über den einzelnen Konsumenten", sagt der Experte für probiotische Mikroorganismen Prof. Dr. Knut J. Heller vom Max Rubner-Institut in Kiel. Ob dem Einzelnen ein normaler Joghurt oder ein probiotischer Joghurt besser tut, bleibt also offen.

Probiotischer Joghurt im Test: Die wichtigsten Ergebnisse 

Uns hat interessiert, wie es um die Qualität von Actimel & Co. bestellt ist. In Supermärkten, Discountern und Naturkostläden haben wir 14 Produkte eingekauft, die üblicherweise als probiotische Joghurts bezeichnet werden. Bei den Produkten im Fläschchen handelt es sich aber zumeist um Mischungen aus Joghurt, Milch und anderen Zutaten.

  • Eines gleich vorweg: Wir sind der Ansicht, dass man auch ohne Produkte mit probiotischem Zusatznutzen gesund leben kann. Wenn wir also vier Produkte mit "sehr gut" bewerten, heißt das nur, dass die Qualität nicht zu beanstanden ist.
  • Alle Produkte, auf denen eine bestimmte probiotische Kultur ausgelobt ist, enthielten auch am Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums noch mehr als eine Million Keime dieser Kultur - pro Gramm. Klingt viel? Von wegen. Diese Zahl gilt als absolute Untergrenze: Enthält ein Produkt weniger Keime, ist zweifelhaft, ob es überhaupt eine Wirkung geben kann. Ob eine Menge von drei Millionen Keimen einer bestimmten Kultur aber weniger gut ist als eine Menge von 300 Millionen einer anderen Kultur können wir nicht nachprüfen. Darum fließt diese Zahl auch nicht in unsere Bewertung ein.
  • Ein gewöhnlicher Naturjoghurt enthält keinen zusätzlichen Zucker. Ein klarer Vorteil gegenüber den Produkten aus dem Fläschchen. Denn bei denen haben die Hersteller teils ordentlich nachgesüßt. Einige Produkte enthalten pro 100 Gramm Produkt zwölf Gramm Zucker und mehr.
  • "Pur"-Produkte brauchen auch keine Aromazusätze, da sie einfach natürlich nach Milch und Joghurt schmecken sollen. Die Hersteller von drei Produkten waren offenbar anderer Ansicht.
  • Gute Noten gab’s beim Geschmack: Fast alle Produkte waren in Ordnung.
Auf Bechern und Fläschchen mit probiotischem Joghurt wird häufiger eine bessere Darmaktivität versprochen.
Auf Bechern und Fläschchen mit probiotischem Joghurt wird häufiger eine bessere Darmaktivität versprochen. (Foto: namtipStudio/Shutterstock)

Tipps zum Verzehr von probiotischen Joghurts

Wir haben drei Empfehlungen für Sie:

  1. Es gibt keinen Grund, probiotische Produkte essen zu müssen. Wer sich damit aber besser fühlt, kann ruhig dabei bleiben.
  2. Die Zahl probiotischer Keime nimmt mit der Zeit ab. Deshalb probiotische Produkte möglichst frisch und nicht auf Wochen hinaus auf Vorrat kaufen.
  3. Vorsicht Zuckerbomben! Achten Sie auf den Zuckergehalt, der auf den meisten Packungen deklariert ist. Einige Produkte enthalten mehr als zwölf Prozent Zucker – das sind vier Stück Würfelzucker pro Fläschchen.

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Testverfahren

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils eine Stufe: a) Zuckerzusatz oder Zusatz anderer süßender Kohlenhydrate; b) Süßstoffe, wenn nicht schon wegen Zuckerzusatz oder Zusatz anderer süßender Kohlenhydrate abgewertet wurde; c) Zusatz von Vitaminen und/oder L-Carnitin; d) zugesetzte Aromastoffe. Ohne Bewertung: Mit "hoch" wird in der Tabelle ein Gehalt an probiotischen Keimen bezeichnet, wenn die Zahl der Keime höher ist als 10 Millionen koloniebildende Einheiten (KBE) pro Gramm bzw. pro Milliliter. Mit "mittel" wird in der Tabelle ein Gehalt an probiotischen Keimen bezeichnet, wenn die Zahl der Keime höher als 1 Million koloniebildende Einheiten (KBE) pro Gramm bzw. pro Milliliter, aber niedriger als 10 Millionen koloniebildende Einheiten (KBE) pro Gramm bzw. pro Milliliter ist. Dabei handelt es sich jeweils um die Summe der Werte für die ausgelobten/deklarierten probiotischen Kulturen, die bei einer Laboruntersuchung analysiert wurden. Wurde keine probiotische Kultur ausgelobt/ deklariert, wurde auf mehrere übliche probiotische Kulturen untersucht und die Summe der dominanten Kulturen zugrunde gelegt.

Bewertung Testergebnis Sensorik: Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um eine Stufe: Eine Gesamtpunktzahl Sensorik von weniger als 4,5 Punkten. Benotet wurden Aussehen, Geruch, Geschmack und Konsistenz/Textur.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Stufe: PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe in der Verpackung. In das Gesamturteil gehen das Testergebnis Inhaltsstoffe und das Testergebnis Sensorik zu jeweils 50 Prozent ein. Es wird kaufmännisch gerundet.

Das Gesamturteil kann nicht besser sein als das Testergebnis Inhaltsstoffe.

Testmethoden

Hefen und Schimmelpilze: L01.00-37, ASU gemäß §64 LFGB; Enterobakterien ISO 21528-1:2004 (E) (MPN); Listeria monocytogenes ISO 11290-1/L00.00-32, ASU gemäß §64 LFGB; Koag.-positive Staphylokokken: L00.00-55, ASU gemäß §64 LFGB; Salmonellen: nach L01.00-37, ASU gemäß §64 LFGB; Streptococcus thermophilus, Lactobacillus acidophilus, Lactobacillus casei/paracasei, Lactobacillus delbrueckii, Lactobacillus johnsonii: nach VDLUFA M7.16.3; Bifidobakterien: In Anlehnung an Draft International Standard ISO/DIS 29981/IDF 220. Es wurde nur die Spezies untersucht, aber nicht der Stamm identifiziert. Gesamtfett: DIN EN ISO 1211. Sensorische Prüfung von Aussehen, Geruch, Geschmack und Konsistenz/Textur nach DLG-5-Punkte-Schema, wobei Aussehen doppelt, Geruch doppelt, Geschmack siebenfach und Konsistenz/Textur fünffach gewichtet wurden. PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe: Röntgenfluoreszenzanalyse. Einkauf der Testprodukte: September/Oktober 2008.

Einkauf der Testprodukte: September/Oktober 2008

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