- Im Test: Sieben Mehrweg-Kaffeebecher mit Deckel.
- Mehrwegpflicht: Seit Januar 2023 müssen Betriebe ab einer bestimmten Größe, die Speisen oder Getränke in Einwegverpackungen oder Bechern verkaufen, eine Mehrwegalternative anbieten. Das betrifft Einwegbehälter aus Kunststoff.
- Vier überprüfte Mehrwegbecher schneiden mit Bestnote ab.
- Kritisch: Das von uns beauftragte Labor ist auf die Massenchemikalie Bisphenol A (BPA) gestoßen und Sensorikexperten bemängeln teils einen unerwünschten Nebengeschmack.
Seit 2023 ist es Pflicht: Gastronomiebetriebe einer bestimmten Größe müssen für Essen und Trinken zum Mitnehmen Mehrwegbehälter bereitstellen. Endlich unternimmt der Gesetzgeber etwas gegen die Flut von To-go-Verpackungen; denn stündlich werden laut Bundesumweltministerium in Deutschland allein etwa 320.000 Einweg-Becher für Heißgetränke verbraucht. Stündlich!
In vielen Tankstellen, Supermärkten oder Kantinen stehen deshalb jetzt Mehrwegbecher als ökologische Alternative bereit – mal besser, mal schlechter sichtbar. Wir wollten wissen, was die To-go-Becher taugen.
Mehrwegbecher im Test: Wie gut sind Recup und Co.?
Um das festzustellen, haben wir sieben verschiedene Mehrwegbecher im Labor darauf testen lassen, ob sie bedenkliche Chemikalien abgeben und geschmacksneutral sind. Das Ergebnis: Vier Cups überzeugten uns rundum und schneiden mit "sehr gut" ab.
Labor weist Massenchemikalie BPA nach
Doch nicht alle Mehrwegbecher überzeugen im Test. So ist das von uns beauftragte Labor auf Bisphenol A (BPA) gestoßen. Die Industriechemikalie ist hochumstritten: Sie kann unser Hormonsystem beeinflussen und ist in der EU als "wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen" eingestuft.
Zudem sieht die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in ihrer neuesten Einschätzung Hinweise, dass BPA bereits in winzigen Mengen Auswirkungen auf unser Immunsystem haben könnte. Der betroffene Hersteller kann sich unseren BPA-Befund im Becher nicht erklären und legte ein negatives Gegengutachten vor.
BPA geht im Test ins Heißgetränk über
Bedenklich: die Chemikalie wandert in kritischen Mengen vom Kunststoff ins Heißgetränk. Um das zu überprüfen, haben wir einen Migrationstest in Auftrag gegeben. Drei Mal hintereinander befüllte das Labor den Becher dabei mit Kaffee-Simulanz und ermittelte danach dessen BPA-Gehalt.
Selbst im zweiten und dritten Migrat überschritt der gemessene BPA-Gehalt die laut EFSA noch als unbedenklich geltende Tagesdosis (TDI) um mehr als das 30-Fache, im ersten Migrat sogar um mehr als das 70-Fache.
Mehrweg mit unerwünschtem Nebengeschmack
Weitere Kritik im Test betrifft die Sensorik: Wer seinen To-go-Kaffee aus einem Mehrwegbecher trinkt, erwartet zu Recht, dass sich dessen Kunststoff geschmacksneutral verhält. Das ist schließlich ein Vorteil gegenüber Einwegbechern, in denen Getränke häufig nach Pappe schmecken.
Im Test zeigt sich jedoch, dass zwei Becher einen Nebengeschmack haben. So schmeckte das abgefüllte Wasser in einem Becher leicht "ranzig, süß, fruchtig, säuerlich und papierartig", in einem anderen hatte es eine "röstige, muffige, papierartige und holzige" Fehlnote leichter Ausprägung. Wir meinen: Wenn Mehrweg vorankommen soll, dann bitte ohne Nebengeschmack.
Wie funktioniert das Mehrwegcup-Pfandsystem?
Ein To-go-Becher, wie man ihn beim Bäcker oder an der Raststätte ausleihen kann, ist nicht einfach nur ein Kunststoff-Becher. Hinter ihm steht ein ganzes Mehrweg-System: Ein Dienstleister, der sich um die Herstellung kümmert, die Ausgabestellen beliefert, die Anreize für eine Rückgabe setzt und gegebenenfalls auch das Recycling der Becher organisiert.
Wir haben die Anbieter um Auskunft zu diesen wichtigen Eckpunkten ihrer Systeme gebeten und führen die Antworten als Service in der Testtabelle im ePaper auf. In unsere Benotung fließen sie jedoch nicht ein.
Wann haben Mehrwegcups einen ökologischen Vorteil?
Der Grund, warum wir die Pfandsysteme nicht benoten: Viele wichtige Zahlen sind entweder nicht zu belegen oder schlecht zu vergleichen. Etwa die Umlaufzahl eines Bechers, die für seine Öko-Bilanz von besonderer Bedeutung ist: Einen ökologischen Vorteil haben Mehrwegbecher gegenüber Einweg nämlich erst ab etwa 15 Umläufen, so berechnet das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu).
Nur vier Anbieter in unserem Test können die Umlaufzahl ihrer Becher jedoch überhaupt erfassen – zum Beispiel, weil sie diese bei der Rückgabe scannen. Einige Systeme verzichten auf digitale Features: So setzt Recup bewusst "auf niedrige Hürden bei der Entscheidung zu Mehrweg" und betreibt ein analoges System, bei dem ein Becher gegen 1 Euro Pfand an allen Ausgabestellen mitgenommen und wieder abgegeben werden kann.
Mehrweg-Kaffeebecher noch immer mit Problemen
Die Realität zeigt leider ohnehin, dass viele Mehrwegbecher ein Mauerblümchen-Dasein fristen. Ein Anbieter schreibt uns, dass er sich für die Etablierung von Mehrwegsystemen stärkere finanzielle Anreize wünscht.
Ein Anreiz wäre beispielsweise ein Aufpreis für Einweg: "Es ist superschwer, Kunden nachhaltig zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, wenn sie nicht dauerhaft einen Vorteil von Mehrweg haben."
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