Pesto rosso: Nur 3 von 27 Marken sind "sehr gut"

Magazin April 2024: Eier | Autor: Vanessa Christa/Julia Dibiasi/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 22.04.2024

Wir haben 27 Pesto rosso getestet.
Foto: HandmadePictures/Shutterstock

Nudeln mit Pesto kommen häufig dann auf den Teller, wenn es in der Küche mal schnell gehen muss. Für Liebhaber von Pesto rosso haben wir nach unserem Test jedoch schlechte Nachrichten: Viele Marken fallen durch – und nur drei schneiden mit Bestnote ab. 

  • Im Test: 27 als "Pesto rosso" ausgelobte Pesti, darunter elf Bio-Produkte.
  • Das Ergebnis: Zehn Produkte fallen durch den Test. 
  • Minuspunkte gibt es vor allem für Schimmelpilzgifte, Pestizide, Mineralölbestandteile oder Bisphenol A. 

Was gehört in ein gutes Pesto rosso? Fruchtige Tomaten, Knoblauch, Öl, italienischer Hartkäse, einige Pinienkerne – das war’s eigentlich. Die Zutatenlisten unserer roten Pesti im Test sind teilweise jedoch deutlich umfangreicher. Wir wollten wissen, was genau in den Produkten steckt, und haben sie im Labor untersuchen lassen. Das Ergebnis: Zehn von 27 Pesti fallen durch. Die Gründe in Kürze zusammengefasst: 

Pesto rosso im Test: Schimmelpilzgifte entdeckt

Wir erläutern die Kritikpunkte genauer: Schimmelpilzgifte in für uns abwertungsrelevanten Mengen fand das Labor sechsmal im Test. Pflanzliche Lebensmittel wie Tomaten oder auch Sonnenblumenkerne werden häufig von Schimmelpilzen befallen. Als Stoffwechselprodukte der Pilze entstehen dabei Gifte, sogenannte Alternariatoxine.

Nudeln mit Pesto rosso sind eine beliebte Speise, wenn es in der Küche schnell gehen muss.
Nudeln mit Pesto rosso sind eine beliebte Speise, wenn es in der Küche schnell gehen muss. (Foto: Tetiana Chernykova/Shutterstock)

Knackpunkt:

  • Manche Gifte zeigen unter Laborbedingungen gesundheitsschädigende Effekte. So wirken Alternariol (AOH) und Alternariolmonomethylether (AME) genotoxisch – sie verändern also im Labor das genetische Material von Zellen.
  • Laut dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit stehen beide Verbindungen zudem in Verdacht, Krebs zu erregen. Erkenntnisse zu den Wirkungen der Schimmelpilzgifte an lebenden Organismen fehlen jedoch bisher.

Wie gelangen Schimmelpilzgifte ins Pesto?

Als Vorsichtsmaßnahme hat die EU-Kommission deshalb Richtwerte für die Überwachung von Alternariatoxinen in Lebensmitteln herausgegeben. Diese werden im Test vereinzelt überschritten.

Ein Produkt schöpft zudem den – gesetzlich nicht bindenden – Richtwert für Tenuazonsäure (TEA) zu mehr als der Hälfte aus. TEA steht im Verdacht zellgiftig zu sein.

Wie die Schimmelpilze genau in die roten Pesti gelangt sind, ist unklar. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wertet erhöhte Toxingehalte in Lebensmitteln jedoch als Indiz, dass mit Schimmelpilzgiften belastete Zutaten verarbeitet wurden. Ein Anbieter hat auf das Ergebnis hin angekündigt, sein Pesto rosso vom Markt zu nehmen.  

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In einigen roten Pesti stecken Pestizidrückstände

In einigen roten Pesti hat das Labor auch Rückstände von Pestiziden entdeckt. Diese sind in der gefundenen geringen Konzentration zwar nicht akut giftig. Doch über die Wechselwirkungen der Rückstände von mehr als einem Pestizid ist bislang wenig bekannt. Daher werten wir ab zwei Pestiziden in Spuren ab.

Als "besonders bedenklich" bewerten wir Dimethomorph – ein Pestizid, das zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten bei Nutzpflanzen eingesetzt wird. Es ist von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) als fortpflanzungsschädigend eingestuft.

Gleiches gilt für Chlorantraniliprol. Das Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) führt die Verbindung seit 2013 in der Liste der hochgefährlichen Pestizide. Laut PAN und der ECHA ist das Insektizid toxisch für Wasserorganismen und baut sich, einmal in die Umwelt gelangt, nur sehr schwer wieder ab.

Mineralölbestandteile in Pesto rosso

Ein weiteres Problem im Test der roten Pesti: Mineralölrückstände. Die Produkte sind mal mehr, mal weniger mit Mineralölbestandteilen (MOSH/ MOSH-Analoge) verunreinigt. Diese können etwa während der maschinellen Produktion, zum Beispiel bei einem Kontakt mit Schmieröl, in die Lebensmittel gelangen.

Neunmal bewerten wir die Verunreinigungen als  "erhöht" und zweimal als "stark erhöht". Bei den anderen Produkten handelt es sich um gefundene Spuren. Ob MOSH/MOSH-Analoge unserer Gesundheit schaden und, wenn ja, wie, dazu fehlen bisher Daten. Klar ist aber, dass sich diese Verbindungen im Körper anreichern und dort die wohl größte Verunreinigung darstellen.

Labor findet Bisphenol A

Doch damit nicht genug: Das von uns beauftragte Labor ist auch auf Bisphenol A (BPA) gestoßen. BPA kann unser Hormonsystem beeinflussen und reproduktionstoxisch wirken.

Das Labor hat es einmal in einer Menge festgestellt, die bei einem 60 Kilogramm schweren Menschen die maximal tolerierbare tägliche Zufuhrmenge in Höhe von zwölf Nanogramm bei einer angenommenen Portion Pesto von 100 Gramm pro Woche überschreitet. Ein anderes Pesto rosso schöpft diese Zufuhrmenge, den TDI, zu mehr als der Hälfte aus.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat den Wert erst im April vergangenen Jahres stark gesenkt. Grund dafür waren neue Daten dazu, dass BPA schon in sehr geringen Mengen unser Immunsystem beeinflussen könnte. Allerdings ist ein TDI kein rechtlich bindender Wert, und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) unterstützt ihn bisher nicht.

Wir haben uns daher entschieden, den betroffenen Produkten maximal zwei Noten abzuziehen. Wie BPA ins rote Pesto gelangt, kann übrigens vielfältige Ursachen haben. So ist ein Eintrag durch die Deckeldichtungen genauso denkbar wie eine Kontamination der verarbeiteten Lebensmittel während der Lagerung.

Lese-Tipp: Bisphenol A: Tipps, wie man die Aufnahme im Alltag verringern kann


(Foto: ÖKO-TEST )

Deklaration und Geschmack im Mittelpunkt

Weitere Ergebnisse aus dem Test: 

  • Ein Großteil der getesteten roten Pesti hat die Sensorikexperten überzeugt. Kleinere Auffälligkeiten hinsichtlich Geschmack und Geruch gab es bei neun Pesti. 
  • Einige rote Pesti enthalten mehr Fett als deklariert ist. Maximal 20 Prozent nach oben oder unten dürfen die in der Nährwerttabelle deklarierten Fettgehalte von den tatsächlich enthaltenen Mengen abweichen. So legt es der Leitfaden für zuständige Behörden zur Kontrolle der EU-Rechtsvorschriften in Bezug auf Toleranzen für Nährwerte fest, die auf dem Etikett stehen. Rund ein Viertel der getesteten Pesti überschreitet diese Toleranzgrenzen. 

Tipp: Wer ein reines Tomatenpesto sucht, sollte auf Auslobungen wie "cremig" achten oder in das Zutatenverzeichnis schauen. Denn es kann vorkommen, dass ein als "Pesto rosso" ausgelobtes Produkt Ricotta oder Mascarpone enthält.

Wie steht es um grünes Pesto?

2020 haben wir grünes Pesto getestet. Zwölf von 20 Produkten waren so stark mit Mineralöl und Pestiziden belastet, dass sie durchgefallen sind: 

Weiterlesen auf oekotest.de:


Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 27 als "Pesto rosso" ausgelobte Pesti getestet, darunter elf Bio- Produkte. Wenn es von großen Händlern oder Marken eine konventionelle und eine Bio-Variante gab, haben wir beide eingekauft. Erworben haben wir die Pesti in Drogerien, Discountern, Super- und Bio-Märkten zu Preisen zwischen 1,19 und 3,99 Euro pro Glas. Pro 100 Gramm kosten sie zwischen 0,63 und 3,33 Euro.

Wir haben alle Produkte auf Bisphenol A, Pestizide, Weichmacher, Mineralölbestandteile (MOSH/MOSH-Analoge und MOAH), die Fettschadstoffe 3-MCPD und Glycidol sowie auf Alternariatoxine analysieren lassen. Darüber hinaus ließen wir die Salz- und Fettgehalte der Pesti untersuchen. Die Verpackungen der Pesti haben wir auf PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen analysieren lassen und enthaltene Aromen, häufig zur Standardisierung der Produkte eingesetzt, und den Farbstoff Zuckerkulör, der schädliche Imidazole enthalten kann, nach Deklaration abgewertet. Zudem ließen wir die Pesti hinsichtlich Geschmack, Geruch, Aussehen und Konsistenz beurteilen.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt. Die in der Tabelle dargestellten sensorischen Eigenschaften sind gekürzt, es wurden nur die aus unserer Sicht relevanten bzw. besonderen Punkte dargestellt. Bei Richt- und Orientierungswerten handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen. MOSH/MOSH-Analoge beinhalten gegebenenfalls auch POSH und PAO.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils vier Noten: a) ein gemessener Gehalt an Alternariol über dem von der EU-Kommission festgelegten Richtwert (Empfehlung [EU] 2022/553) für Alternariol in verarbeiteten Tomatenerzeugnissen und Sonnenblumenöl von 10 μg/kg (in Tabelle: "AOH stark erhöht"); b) ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analogen der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 4 mg/kg (in Tabelle: "stark erhöht"). Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein gemessener Gehalt an Alternariol, der den Richtwert für Alternariol in verarbeiteten Tomatenerzeugnissen und Sonnenblumenöl von 10 μg/kg zu mehr als der Hälfte ausschöpft (in Tabelle: "AOH erhöht"); b) ein gemessener Gehalt an Alternariolmonomethylether, der den Richtwert (Empfehlung [EU] 2022/553) für Alternariolmonomethylether in verarbeiteten Tomatenerzeugnissen oder, falls als Zutat deklariert, Sonnenblumenöl von 5 μg/kg bzw. 10 μg/kg zu mehr als der Hälfte ausschöpft (in Tabelle: "AME erhöht"); c) ein gemessener Gehalt an Tenuazonsäure, der den Richtwert (Empfehlung [EU] 2022/553) für Tenuazonsäure in verarbeiteten Tomatenerzeugnissen von 500 μg/kg zu mehr als der Hälfte ausschöpft, falls nicht schon wegen Alternariol um vier Noten abgewertet wurde; d) ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analogen der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 2 bis 4 mg/kg (in Tabelle: "erhöht"); e) ein gemessener Gehalt an Bisphenol A, der den TDI der EFSA von 0,2 ng/kg Körpergewicht zu mehr als 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle: "BPA stark erhöht"). Zugrunde gelegt haben wir ein Körpergewicht von 60 Kilogramm und zwei wöchentliche Portionen von je 50 Gramm. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) der Zusatz von (natürlichem) Aroma; b) der Farbstoff Ammonsulfit-Zuckerkulör; c) Mehrfachrückstände von zwei bis sechs Pestiziden; d) ein bis zwei als besonders bedenklich eingestufte Pestizide. Als besonders bedenklich werden Pestizide eingestuft, wenn sie PAN-gelistet sind (in Gruppe 2 oder Gruppe 3 als bienentoxisch oder sehr bioakkummulierend und sehr persistent in Wasser, Böden oder Sedimenten), nach EU-Datenbank oder CLP-Verordnung (ECHA) kanzerogen oder reproduktionstoxisch sind (hier: Dimethomorph und Chlorantraniliprol); e) ein gemessener Bisphenol-A-Gehalt, der den TDI der EFSA von 0,2 ng/kg Körpergewicht zu mehr als 50 Prozent ausschöpft (in Tabelle: "BPA erhöht"). Zugrunde gelegt haben wir ein Körpergewicht von 60 Kilogramm und zwei wöchentliche Portionen von je 50 Gramm.

Bewertung Testergebnis Sensorik: Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um drei Noten: eine deutliche sensorische Abweichung (hier: "oxidative Fettveränderungen erkennbar" in Geruch und Geschmack und "insgesamt unharmonisch"). Zur Abwertung um zwei Noten führen: leichte sensorische Abweichungen sowohl im Geruch als auch im Geschmack (hier: "unharmonisch"). Zur Abwertung um eine Note führen: leichte sensorische Abweichungen im Geschmack (hier: "sehr salzig" oder "insgesamt nicht (ganz) abgestimmt" oder "insgesamt unharmonisch"). Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um eine Note: a) Werbung mit Selbstverständlichkeiten mit Hinweis auf gesetzliche Regelungen, wobei gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder selbstverständliche Umstände als etwas Besonderes hervorgehoben werden, obwohl vergleichbare Produkte diese ebenso aufweisen (hier: "ohne Farb- und Konservierungsstoffe laut Gesetz" und "ohne Geschmacksverstärker laut Gesetz"); b) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Deckeldichtung; c) Werbung mit einem Planet-Score ohne ausreichende Information dazu auf dem Produkt; d) eine Abweichung des deklarierten Gesamtfettgehalts vom im Labor ermittelten Wert von mehr als ±20 Prozent bei Fettgehalten von 10 bis 40 g pro 100 g. Diese Bewertung basiert auf dem EU-Leitfaden für Toleranzen zur Nährwertdeklaration für zuständige Behörden; e) eine Abweichung des deklarierten Salzgehalts vom im Labor ermittelten Wert von mehr als 0,375 g bei Salzgehalten unter 1,25 g pro 100 g. Diese Bewertung basiert auf dem EU-Leitfaden für Toleranzen zur Nährwertdeklaration für zuständige Behörden.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Sensorik, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Testergebnisse Sensorik oder Weitere Mängel, die "gut" sind, verschlechtern das Gesamturteil nicht.

Testmethoden 

Mineralölbestandteile: DIN EN 16995: 2017-08 mod.. Die Modifikation betrifft die Matrix und die Verseifung. Pestizide: DIN EN 15662: 2018-07 (LC-MS/MS und GC-MS/MS). Weichmacher: GC-MS/MS. Bisphenol A: LC-MS/MS. Gesamtfett: Gravimetrisches Verfahren nach Säureaufschluss.3-MCPD und Glycidol: Nach Fettextraktion mittels DGF C-VI 18: 2010 mod. Die Modifikation betrifft die Messung mittels Automatisierung. Natrium: ASU L 00.00-144: 2019-07 (nach Aufschluss gemäß DIN EN 13805 : 2014-12). Salzäquivalente: Berechnung gemäß LMIV: Salzäquivalente = Natrium x 2,5.Alternariatoxine: LC-MS/MS. Sensorik: Beschreibende Prüfung mit anschließender Qualitätsbewertung auf der 5-Punkte nach § 64 LFGB L 00.90-14:2019-03, mod. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse

Einkauf der Testprodukte: Dezember 2023

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