Feuchtes Toilettenpapier im Test: So schneiden Tempo, Alouette & Co. ab

Jahrbuch für 2015 | Autor: Svenja Markert | Kategorie: Kosmetik und Mode | 10.10.2014

Nicht ein einziges feuchtes Toilettenpapier im Test ist "gut" oder "sehr gut".
Foto: Aleksey Kurguzov/Shutterstock

Quadratisch, praktisch, gut? Leider nein. Denn mit feuchtem Toilettenpapier landen Schadstoffe auf dem Allerwertesten. Das betrifft auch Produkte, die als sensitiv verkauft werden.

Aktualisiert am 10.10.2014 | Das leuchtend weiße, viereckige Tuch aus der Box wartet neben dem Klo auf seinen Einsatz. Es ist mit einer Lotion getränkt, die für ein "weiches und samtiges Hautgefühl" sorgen soll. "Die ideale Ergänzung" für klassisches Toilettenpapier, versprechen die Anbieter.

Die Tuchstruktur ist nicht so fest wie von Babyfeuchttüchern, aber viel feiner als beim trockenem Toilettenpapier. Bei den Standardvarianten der feuchten Toilettentücher unterstützt oft Parfüm den Alles-sauber-Eindruck. Kamille ist die typische Duftnote, Aloe vera ist auch angesagt

Doch das Tuch sollte lieber in der Box bleiben. Das vermeintlich reine Gefühl nach dem Wischen erweist sich als trügerisch, die Lotion inklusive unerwünschter Stoffe bleibt auf dem Allerwertesten. "Gerade in dem Bereich, der so sensibel und nah an den Schleimhäuten ist, macht es keinen Sinn, etwas Vorgefertigtes zu nehmen, was konserviert und parfümiert ist", sagt die Dermatologin Dr. Jeanette Eicholtz aus Berlin.

Konservierungsmittel, die man sich beim herkömmlichen Toilettenpapier von vornherein erspart, sind bei feuchten Tüchern immer an Bord. Sonst würden sich die Bakterien zuhauf in den Tüchern tummeln.

Wir haben 14 der sensitiven Varianten des feuchten Toilettenpapiers eingekauft und ins Labor geschickt, um zu überprüfen, wie pfleglich sie mit unseren Hintern umgehen. Denn der Verbraucher erwartet von einem sensitiven Produkt, dass es hautfreundlicher ist als die klassische Variante.

Feuchtes Toilettenpapier im Test: Das Fazit

Von wegen sanft. Besser als "befriedigend" fallen die Urteile nicht aus. Fünf feuchte Toilettentücher bekommen von uns die schlechteste Note "ungenügend". In ihnen wurden Formaldehyd/-abspalter nachgewiesen. Formaldehyd ist krebsverdächtig, reizt schon in geringen Mengen die Schleimhäute und kann Allergien auslösen.

Im Vergleich zum ÖKO-TEST 2009 hat sich das Ergebnis verbessert, denn da fanden wir in fast zwei Dritteln der Tücher Formaldehyd/-abspalter. Die Formaldehyd/-abspalter werden bei den feuchten Toilettentüchern in der Regel nicht als Konservierer eingesetzt, sondern sind eine Folge des Produktionsverfahrens. Sie kommen nach Herstellerangaben aus einem Bindemittel, das die Fasern verfestigt.

Kritik an Parfüm in Sensitiv-Produkten

Was ist außerdem im Test aufgefallen?

  • Kein Tuch ist gut, da das Labor in allen umstrittene halogenorganische Verbindungen gefunden hat. Sie stammen in der Regel aus dem Bleichen der Tücher. Zu den halogenorganischen Verbindungen gehören mehr als 1.000 Stoffe.
  • Ein Anbieter bietet zwei sensitive Versionen an. Bei der einen Variante kosten 70 Tücher allerdings knapp 60 Cent mehr als bei der anderen. Die Tücher des letzteren Produktes sind parfümiert, was bei Toilettenpapier, das sensitiv sein will, mehr als fragwürdig ist. Auch bei den Sensitiv-Tüchern eines anderen Anbieters ist Parfüm inklusive. Immerhin: Kein Toilettenpapier enthält Duftstoffe, die Allergien auslösen können.

So reagierten die Hersteller

"Nur Spuren." So oder so ähnlich wiesen Hersteller darauf hin, dass die halogenorganischen Verbindungen nur in geringen Mengen in ihrem Produkt enthalten sind. Doch schon in kleiner Dosis werten wir diese Verbindungen ab, denn viele gelten als allergieauslösend und manche verursachen sogar Krebs.

Einige Hersteller gaben an, dass ihre Tücher elementar-chlorfrei gebleicht seien. Das bedeutet: gebleicht ohne Chlor – aber nicht ohne Chlorverbindungen. Dabei entstünden die Spuren der halogenorganischen Verbindungen. Das Bleichverfahren sei bei der Produktart die "beste verfügbare Technologie". Elementar-chlorfrei mag eine Verbesserung sein, es ist aber dennoch nicht ideal. Die schlichte Alternative heißt: Kein feuchtes Toilettenpapier verwenden.

Ein Anbieter wies darauf hin, dass ein anderes gängiges Produktionsverfahren, welches ohne das Bindemittel auskommt, das verantwortlich für die Formaldehyd/-abspalter sei, für das Unternehmen keine Lösung darstelle. Der Grund: Diese Tücher enthielten dann Kunststofffasern, die bei der Entsorgung ins Abwasser gelangen.

Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Magazin Februar 2014 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2015 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: 14 feuchte Toilettenpapiere haben wir in Drogerie-, Supermärkten und bei Discountern gekauft, zwei Markenprodukte und 12 Eigenmarken. Wir wählten jeweils die Variante "sensitiv" – verspricht sie doch einen besonders milden Umgang mit dem Allerwertesten. Am günstigsten sind vier Eigenmarken, hier kosten 70 Stück 0,65 Euro. Fürs Markenprodukt Tempo zahlen Kunden für die gleiche Menge 3,32 Euro.

Die Inhaltsstoffe: Die Tücher sind mit einer Tinktur getränkt, in verschiedenen Laboren haben wir analysieren lassen, was mit dem feuchten Toilettenpapier auf dem Po landet. Ist es parfümiert, obwohl es als sensitiv ausgelobt ist? Stecken in den Tüchern umstrittene halogenorganische Verbindungen? Und wie sieht es mit problematischen Formaldehyd/-abspaltern aus?

Die Bewertung: Toilettenpapier soll den Hintern sauber machen. Wenn aber mit den feuchten Tüchern Schadstoffe oder Parfüm an den Analbereich kommen, gibt das von uns Notenabzug.

Bewertungslegende

Zur Abwertung um vier Noten führen Formaldehyd/-abspalter. Zur Abwertung um zwei Noten führen halogenorganische Verbindungen. Zu Abwertung um eine Note führt Parfüm. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die (vom Hersteller versprochenen) Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.

Testmethoden

Testmethoden: (je nach Zusammensetzung der Produkte): Formaldehyd/-abspalter: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschüttung mit n-Butanol und Bestimmung mittels Fotometrie. Halogenorganische Verbindungen (falls nicht deklariert): Elution mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur; Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Diethylphthalat/deklarationspflichtige Duftstoffe/Moschus-Verbindungen/Majantol: Extraktion mit TBME, GC-MS. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Oktober 2013.

Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Magazin Februar 2014 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2015 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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