Dem Weißen Riesen, Meister Proper und all den anderen Saubermännern aus der Reinigungsmittelindustrie ist es zu verdanken, dass Weiß wie keine andere Farbe für hygienische Sauberkeit steht. Ihr dunkler Gegenspieler, das verruchte Schwarz, fristete bislang sein Dasein auf den Gesichtern malochender Bergarbeiter oder als Dresscode für Trauerfeiern. Dass Schwarz einmal synonym für tiefenreine Sauberkeit stehen könnte, hielten vermutlich nur medizinisches Fachpersonal oder Filtertechnikexperten für möglich. In deren Branchen nämlich hat sich die tiefschwarze Aktivkohle zur Adsorption von Schadstoffen etabliert. Sie bindet zuverlässig Giftstoffe im Magen-Darm-Trakt und wird als Filtermaterial in Belüftungs- oder Wasseraufbereitungsanlagen eingesetzt. Ihre Effektivität in diesen Anwendungsgebieten ist unbestritten.
Das möchte sich auch die Kosmetikindustrie zunutze machen. Schließlich lässt sich mit der bewährten Wirkweise der Aktivkohle hervorragend werben und so wird sie als Inhaltsstoff von Zahncremes, Seifen, Peelings oder Masken für die "porentiefe Reinigung" angepriesen. Neben Ablagerungen und Talg soll die Wunderzutat auch Gerüche binden. Passenderweise eignen sich diese Produkte auch noch ausgezeichnet dazu, das häufig etwas stiefmütterlich behandelte Segment der Männerkosmetik zu bedienen. Denn: "Im Großstadtdschungel" verstopfen nicht nur die Hauptverkehrsstraßen zur Rushhour schnell, sondern auch die zarten Poren empfindlicher Männerhaut - zumindest wenn es nach den Werbetextern des L'Oréal-Konzerns geht. Der Zahncreme-Anbieter Curaden richtet indes seine Wirkversprechen gezielt an beide Geschlechter einer ominösen "Hey!-I-make-it-happen-generation", die weiß, "dass das Leben oft dann am besten ist, wenn die Vernunft im Zaum gehalten wird" - etwa während des exzessiven Konsums von Kaffee, Tee, Zigarren oder Rotwein, dessen Spuren auf den Zähnen mit der Superkraft der dunklen Paste entfernt werden können.
In den Inhaltsstoffen der schwarzen Kosmetika finden sich Kohlenstoffverbindungen wie "Charcoal Powder" sowie "Carbon Black" und "CI 77266". Bei den beiden Letzteren handelt es sich um Bezeichnungen für Industrieruß, der gezielt aus natürlichen oder künstlich hergestellten Grundstoffen gefertigt und etwa in Mascara oder Lidschatten als Farbstoff eingesetzt wird. Zwar kann auch dieser durch aufwendige Aktivierungsverfahren theoretisch eine sehr große Oberfläche erlangen. In der europäischen Datenbank für kosmetische Inhaltsstoffe (Cosing) werden ihm allerdings keine der adsorbierenden oder abrasiven Eigenschaften zugeschrieben, für die die Aktivkohle bekannt ist. Viele Lifestyle-Portale haben im Internet bereits über die schwarze Kosmetik berichtet und plappern zum Teil ungeniert die Werbeversprechen der Anbieter nach. Kaum ein Autor hinterfragt, ob an der beschworenen Reinigungskraft wirklich etwas dran ist. Wissenschaftliche Belege für eine Wirkung von Kohle als Inhaltsstoff in Kosmetika suc...