- Im Test: 21 Reis-Marken, je sieben Mal Naturreis, Basmati und Risotto. Elf Produkte tragen ein Bio-Siegel.
- Wir beanstanden vor allem Schwermetalle wie Arsen und Cadmium, Mineralölbestandteile und Pestizide.
- Zwei Mal wird ein Grenzwert überschritten, beides sorgt für Verkaufsstopps – das haben wir nur ganz selten in ein und demselben Test.
- Insgesamt fallen fünf Produkte mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch, vier sind mit Bestnote empfehlenswert.
Aktualisiert am 7.12.2023 | Arsen, Mineralöl, Spritzgift: Das alles passt in ein kleines Reiskorn. Sogar wenn es Bio ist. Kein anderer Reis im Test hat so viele Abzüge wie der Naturreis der Norma-Marke Bio-Sonne. Bei dem hätte es zwei Mal für eine Sechs gelangt. Wo anfangen?
Am meisten irritiert bei einem Bio-Produkt das Schädlingsbekämpfungsmittel 1,2-Dichlorethan. Die Verbindung ist in der EU seit Langem verboten. Das Labor hat sie aber in einem Gehalt gemessen, der deutlich über der Nachweisgrenze und damit über dem Grenzwert liegt.
In der EU verbotenes Pestizid in Bio-Reis gefunden
Dichlorethan ist laut CLP-Verordnung als wahrscheinlich krebserregend beim Menschen eingestuft und steht in der EU-Chemikalienverordnung REACH auf der Liste der besonders besorgniserregenden Substanzen (SVHC). Aber wie kommt ein solcher Stoff in ein Bio-Produkt?
Der Reis von Norma stammt aus Pakistan und hat einen langen Transportweg per Schiffscontainer hinter sich. Solche Transportcontainer werden häufig mit 1,2-Dichlorethan behandelt, um sie gegen Schädlings- oder Schimmelpilzbefall zu schützen. Das wäre also eine plausible Erklärung. Allerdings kann uns Norma glaubhaft nachweisen, dass die von uns getestete Reischarge in einem Container gereist ist, der mit CO2 begast wurde.
Könnte es auch sein, dass der Reis zum Vorratsschutz direkt nach der Ernte mit dem Biozid besprüht wurde, wie es früher üblich war? In den meisten Ländern sei das inzwischen verboten, schreibt uns das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Für wahrscheinlicher halten wir deshalb eine Verschleppung, beispielsweise durch den Einsatz des Stoffes bei der Reinigung von Containern.
Und wie schädlich ist der belastete Reis nun? Wir haben das BfR um eine Einschätzung dazu gebeten und die Behörde empfiehlt, auf Basis des TTC-Konzeptes zu rechnen. Das ist ein Schwellenwert mit toxikologischer Relevanz.
Norma zog Naturreis aus dem Verkauf
Ein 60 Kilo schwerer Erwachsener würde diesen Schwellenwert, bei dem "noch kein nennenswertes Risiko für die menschliche Gesundheit" bestehe, mit einer Beilagen-Portion des belasteten Norma-Reises von 62 Gramm bereits um das etwa Elffache überschreiten.
Bei einer größeren Portion oder einem leichteren Menschen erhöht sich diese Überschreitung entsprechend, und das BfR schlussfolgert: "Eine akute gesundheitliche Beeinträchtigung von Kindern und Erwachsenen durch den Verzehr dieser Reisprobe ist somit grundsätzlich möglich." Norma bestätigte unsere Ergebnisse in einer eigenen Analyse und nahm daraufhin den Naturreis aus dem Sortiment.
Mineralölrückstände in Reis nachgewiesen
Das ist gut, denn der Bio Sonne Bio-Reis Natur fällt auch in Sachen Mineralöl negativ auf. Das von uns beauftragte Labor wies darin aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) nach. Dabei handelt es sich um eine große Gruppe von Stoffen, die wir besonders kritisch sehen, weil sich darunter auch krebserregende Verbindungen befinden können.
Was die Verunreinigung mit Mineralölbestandteilen betrifft, glänzen die Bio-Anbieter im Test nicht gerade. Denn neben dem MOAH-Gehalt in der Bio Sonne werten wir fünf weitere Bio-Reise wegen gesättigter Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOSH-Analoga) ab, dagegen nur drei konventionelle.
Woher das Mineralöl kommt, können wir nur vermuten. Mögliche Quellen wären Druckfarben aus den Verpackungen oder Jutesäcke, in denen Reis traditionell transportiert wird – und Schmieröle, die in der maschinellen Produktion eingesetzt werden.
Reis im Test: Arsen in Reis als Problem
Kommen wir zu einem Problem, das wir bereits aus früheren Reis-Tests kennen: Arsen. Vier der sieben getesteten Naturreise und ein Risotto-Reis weisen einen in unseren Augen "erhöhten" Gehalt an anorganischem Arsen auf. Es ist giftig und krebserregend. Arsen kommt natürlicherweise im Boden vor und gelangt über das Grundwasser ins Reiskorn.
Zur Erklärung: Fast alle Reise im Test sind laut Anbietern im wasserintensiven und vergleichsweise klimaschädlichen Nassanbau kultiviert. Weil die Pflanze dabei über längere Zeiten mit den Wurzeln im Wasser der gefluteten Felder steht, nimmt Reis besonders viel Arsen auf. Und weil sich Schwermetalle vorwiegend in den Randschichten des Korns anreichern, sind Naturreise häufig stärker belastet.
Lese-Tipp: Darum sollten wir Reisprodukte nur in Maßen essen
Naturreis von Rapunzel mit zu viel Cadmium
Davor schützt auch der Bio-Anbau nicht, wie dieser Test zeigt: Im Rapunzel Langkorn Spitzenreis natur hat das von uns beauftragte Labor einen Gehalt an Cadmium gemessen, der den EU-Grenzwert um mehr als das Doppelte überschreitet. Das ist krass.
Cadmium ist ein giftiges Schwermetall, das sich im Körper anreichert und – über längere Zeit in hohen Dosen aufgenommen – zu Nieren- und Knochenschäden führen kann. Auch Cadmium gelangt über die im Wasser stehenden Wurzeln der Reispflanze ins Korn.
Rapunzel stoppte Verkauf des Produkts
Rapunzel nahm unsere Ergebnisse sehr ernst und beauftragte umgehend eine eigene Analyse, die unseren Befund bestätigte. In Absprache mit der zuständigen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit veranlasste der Bio-Hersteller einen Verkaufsstopp plus Rücknahme für den betroffenen Reis.
Insgesamt schaffen es nur zwei von sieben Naturreisen, unterhalb unserer Abwertungsschwelle für Cadmium und Arsen zu bleiben.
Tipp: Wenn Sie Reis zunächst waschen, dann in der fünffachen Menge Wasser kochen und das übrige Wasser am Ende abgießen, reduzieren Sie eventuelle Schwermetalle.
Weniger Schwermetalle in geschliffenem Reis
Neben Naturreis haben wir auch je sieben Mal Risotto- und Basmati-Reis getestet. Beide Reissorten sind geschliffen, also von der äußeren Fruchtschale befreit. Da ist es schlüssig, dass ihre Gehalte an Schwermetallen viel geringer ausfallen – mit einer Ausnahme.
Ein Reis im Test schöpft den neuen Arsen-Grenzwert für geschliffenen, weißen Reis zu mehr als der Hälfte aus. Die EU hatte diesen Grenzwert erst im Frühjahr um ein Viertel abgesenkt. Für geschliffenen Reis gilt somit eine strengere Obergrenze als für Naturreis – und unser Test zeigt, dass fast alle Basmatis und Risottos es auch schaffen, im "Spuren"-Bereich zu bleiben.
Kritik an Pestiziden in Reis im Test
Neben Mineralölbestandteilen, Arsen, Cadmium und 1,2-Dichlorethan kritisieren wir auch weitere Pestizide. Wir sind auf folgende gestoßen:
- Deltamethrin in Kombination mit dem Wirkverstärker Piperonylbutoxid: Das Insektizid Deltamethrin ist toxisch für Bienen und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) Germany führt es deshalb in der Liste der hochgefährlichen Pestizide auf. Auch wir schätzen es als besonders bedenklich ein.
- Tebuconazol: Es gilt als vermutlich schädigend fürs Kind im Mutterleib. Außerdem ist es sowohl akut als auch langfristig wassergefährdend und sehr giftig für Wasserorganismen.
Woher kommt der getestete Reis?
In unserem Reis-Test geht es uns nicht nur um die Inhaltsstoffe, sondern auch um Transparenz bei der Herkunft. Wir wollten wissen, in welchem Land der jeweilige Reis angebaut wurde und baten alle Hersteller, ihre Lieferkette von der getesteten Produktcharge bis zum Feld offenzulegen.
Zwei Hersteller haben keinerlei Auskunft zum Anbauland des Reises und der Lieferkette gegeben. Deklariert ist die Herkunft des Reises auch nicht.
Alle anderen haben uns immerhin geantwortet oder eine Herkunft deklariert. Nur neun von ihnen schafften es allerdings, uns ihre Lieferketten anhand von unabhängigen Dokumenten bis aufs Reisfeld offenzulegen; bei drei weiteren konnten wir immerhin die Spur bis ins Herkunftsland zurückverfolgen.
Vier Reis-Marken bekommen Bestnote
Falls Ihnen jetzt der Appetit auf Reis vergangen sein sollte: Es gibt auch vier Produkte im Test, die mit Bestnote empfehlenswert sind. Einige schneiden auch mit "gut" ab. Und: In der Verkostung durch geschulte Sensorik-Experten schmeckten alle Reise tadellos.
Naturreis, Basmati und Risotto: Die Unterschiede
Naturreis
Naturreis, auch Vollkorn- oder Vollreis genannt, enthält noch seinen Keimling sowie die Frucht- und Samenschale ("Silberhaut"). Er ist deshalb im Vergleich zu weißem Reis reicher an den darin steckenden Vitaminen, Ballast- und Mineralstoffen. Wegen des Fettgehalts des Keimlings ist er aber nur begrenzt haltbar. Und er braucht etwa doppelt so lang, bis er gar ist.
Basmati
Basmati-Reis kommt hauptsächlich aus Indien oder Pakistan, hat ein feines, gleichmäßig langes Korn und entfaltet beim Kochen sein charakteristisch blumiges Aroma. In der geschliffenen (weißen) Form, die wir getestet haben, ist er von Silberhaut und Keimling befreit.
Risotto
Risotto-Reis ist ein geschliffener Mittel- oder Rundkorn-Reis und wird häufig in Italien angebaut. Die besondere Anforderung an ihn: Er muss bei der Zubereitung außen cremig werden und im Kern bissfest bleiben. Dafür geht ein Teil seiner Stärke bei der langsamen Risotto-Methode in die Flüssigkeit über und sorgt für deren sämige Konsistenz.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch für 2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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