Das Räumkommando kam mit schwerem Gerät. Unter dem Schutz von Militärpolizisten und Soldaten walzten Arbeiter die Felder in der kambodschanischen Provinz Koh Kong platt. Dort wo bis zu jenem Mai 2006 rund 400 Familien Reis angebaut und sich einen bescheidenen Lebensunterhalt gesichert hatten, lässt nun der Konzern Khon Kaen Sugar Industry auf ausgedehnten Plantagen Zuckerrohr wachsen. Das thailändische Unternehmen produziert daraus Rohzucker, der nach Europa verschifft wird. Die Kleinbauern, die ihre Felder zuvor jahrelang beackert hatten, wurden vertrieben - ein klarer Fall von Menschenrechtsverletzung.
Gewaltsamen Räumungen wie in Koh Kong sind kein Einzelfall, sagt Roman Herre, Agrarreferent bei der Organisation Fian (Food First Informations- und Aktions-Netzwerk). Herre hat ähnliche landwirtschaftliche Projekte in dem südostasiatischen Land besichtigt. Kambodscha, so sein Fazit, gehöre "zu den wildesten Ländern", wenn es um ein derzeit in vielen Regionen des Südens zu beobachtendes Phänomen geht: die Übernahme riesiger Agrarflächen durch ausländische Investoren. Weil dabei regelmäßig bisherige Nutzer ihre Weideflächen oder Äcker verlieren, hat sich ein prägnanter Begriff eingebürgert: Landraub. Von einer "neuen Form des Kolonialismus" spricht Beat Dietschy, Zentralsekretär der Schweizer Organisation Brot für alle. Die Hilfsorganisation Oxfam bezeichnet die Vorgänge in einer Studie mit dem Titel Land and Power als "development in reverse" - sinngemäß: als Entwicklung im Rückwärtsgang. Gänzlich neu sind ausländische Landnahmen in Ländern des Südens nicht. Schon lange bauen Konzerne in Indien und der Karibik, in Lateinamerika und Afrika auf großen Plantagen Kakao und Zuckerrohr, Tee und Bananen an. Allerdings haben sich sowohl das Ausmaß als auch die Strukturen seit wenigen Jahren deutlich verändert. Es gebe "andere Motive, andere Akteure und andere Geschäftsmodelle", sagt Thomas Fritz vom Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) in Berlin. Zu den Unternehmen, die den Appetit auf bestimmte Lebensmittel befriedigen, gesellen sich Schwellenländer, die Nahrungsmittel anbauen, zudem Energiekonzerne und Finanzinvestoren.
Staaten auf Einkaufstour
Ganze Staaten gehen auf Einkaufstour in Sachen Land, um jenseits der eigenen Grenzen Reis oder Weizen anbauen zu können. Bisher hatten diese Länder Grundnahrungsmittel in großem Stil importiert. Als ab 2005 allerdings die Preise rapide zu klettern begannen und Exporteure wie Russland oder Vietnam nach Missernten befristete Ausfuhrsperren verhängten, begann man sich um die eigene Nahrungsmittelsicherheit zu sorgen und Konsequenzen zu ziehen. Etliche Golfstaaten etwa wollen selbst Getreide erzeugen. Weil es im eigenen Land an geeigneten Böden und Wasser fehlt, wird die Produktion ins Ausland verlagert. Von einem "Outsourcing der Lebensmittelerzeugung" spricht Fritz. Also werden Gesellschaften wie die Foras International Investment C...