Europa hat Glück, das belegen überzeugende Zahlen: Die EU-Staaten besitzen 140 Millionen Hektar Ackerfläche, dazu 50 Millionen Hektar Weiden sowie 170 Millionen Hektar Wald - und das Klima ermöglicht gute Erträge. Aber diese sind der Staatengemeinschaft nicht groß genug. Um ihren Bedarf an land- und forstwirtschaftlichen Produkten zu stillen, kauft die EU noch viele Waren von außerhalb zu, für deren Erzeugung dort zusätzlich gut 50 Millionen Hektar Ackerland nötig sind. Noch höher ist der rechnerische Nettoimport an Flächen durch Produkte von Weiden und Wäldern. Was Europa seinerseits exportiert, ist bei diesen Daten schon abgezogen. Insgesamt beansprucht jeder EU-Bürger 1,3 Hektar, also 13.000 Quadratmeter. Chinesen und Inder müssen sich im Schnitt mit weniger als 0,4 Hektar begnügen. Zum Vergleich: Ein Fußballfeld misst 0,7 Hektar. Wichtigste Ursache für die gewaltigen agrarischen Nettoimporte der Europäer ist ihr Konsum an Fleisch und Milchprodukten. Um entsprechend Vieh halten zu können, importiert die EU allein aus Südamerika so viel Sojafutter, wie auf 13 Millionen Hektar wächst. Das ist mehr als die gesamte Ackerfläche Deutschlands. Diese Zahlen nannte das Umweltbundesamt (UBA) im Oktober 2012 in einem Positionspapier zur Bio-Energie.
Wollten wir Bio-Masse in großem Umfang zu Treibstoff für Autos und zu Heiz-energie für Kraftwerke verarbeiten, müssten wir weitere Flächen im Ausland beanspruchen. Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung warnt UBA-Präsident Jochen Flasbarth vor einer solchen Strategie: "Mit dem zunehmenden Bedarf an Flächen für die Nahrungsmittelproduktion werden die Spielräume für andere Verwendungszwecke sicher kleiner, möglicherweise gibt es sie gar nicht." Nach einer Prognose der Welternährungsorganisation FAO benötigt die Welt bis 2050 rund 70 Prozent mehr Lebensmittel als heute, um die dann wohl neun Millionen Erdenbürger satt zu bekommen.
Dass es aber nicht nur darum geht, genügend Nahrung zu produzieren, zeigt bereits die Gegenwart. Obwohl erst sieben Milliarden Menschen auf unserem Planeten leben und die weltweite Ernte problemlos für alle ausreichen könnte, hungern rund 870 Millionen Erdenbürger. Nicht einmal in den Industriestaaten funktionieren die Sozialsysteme hinreichend, sodass dort 16 Millionen Bürger chronisch unterernährt sind. Geradezu pervers: 80 Prozent der Hungernden leben nach Angaben der FAO auf dem Land. Dort, wo die Nahrung produziert wird, können viele Tagelöhner und Kleinbauern nicht einmal ihre Familien ausreichend versorgen. Sie verelenden und versinken in Hoffnungslosigkeit.
Die Gründe für diesen Hungerskandal sind vielfältig und vor Ort jeweils in unterschiedlicher Kombination wirksam: zu kleine Parzellen, zu wenig Wasser für die Pflanzen, geringes Wissen über geeignete Sorten und ihren Anbau, Probleme bei der Lagerung, Vermarktung und Finanzierung - oder gar Vertreibung von der Scholle durch Großgrundbesitzer und Investoren, weil di...