Ist Rotkohl aus dem Glas noch gesund?

Magazin Dezember 2024: Bitterschokolade | Autor: Vanessa Christa/Annette Dohrmann/Hannah Pompalla | Kategorie: Essen und Trinken | 21.11.2024

Rotkohl im Test: Wir haben 20-mal Rotkraut im Glas überprüft.
Foto: DronG/Shutterstock ; Viktor Kunz/Shutterstock

Rotkohl ist eine beliebte Beilage für winterliche Gerichte. Wenn's schnell gehen soll, landet auch mal das Fertigprodukt aus der Konserve auf dem Teller. Doch wie steht es um Schadstoffe in den Produkten? Wir haben 20-mal Rotkohl getestet. Außerdem klären wir die allgemeine Frage, wie gesund frischer Rotkohl und Rotkohl aus dem Glas ist.

  • Im Test: 20-mal Rotkohl im Glas oder im Standbeutel, darunter sechs Bio-Marken.
  • Sechs Produkte schneiden mit "sehr gut" ab. 
  • Kritik gibt es insbesondere für Rückstände von besonders bedenklichen Pestiziden. Optimierungsbedarf sehen wir auch, was die Salz- und Zuckergehalte angeht.
  • Nicht jedes Rotkraut kann geschmacklich überzeugen.

Warum Rotkohl gesund ist

Regional, saisonal und optisch ein Kracher: Eigentlich ist Rotkohl das perfekte Gemüse für diese Jahreszeit. Doch bevor wir zu unseren Testergebnissen kommen, stellt sich die Frage, wie gesund das Kraut eigentlich ist? Drei Vorteile des Gemüses: 

  1. Im Rotkohl stecken viele gesunde Nährstoffe: Neben viel Vitamin C und K enthält das Gemüse auch B-Vitamine wie Niacin, Folsäure und Biotin sowie Vitamin E. Zudem stecken Mineralstoffe wie Eisen, Calcium, Kalium, Magnesium, Chlorid und Schwefel in den blauvioletten Köpfen.
  2. Senfölglycoside, die zu den sekundären Pflanzenstoffen gehören, verleihen dem Kohl seinen leicht bitteren, scharfen Geschmack. Sie stärken das Immunsystem, wirken antibakteriell, entzündungshemmend und sollen sogar bestimmten Krebsarten vorbeugen.
  3. Die Polyphenole, die für die intensive Farbe des Rotkohls sorgen, zählen ebenfalls zu den sekundären Pflanzenstoffen. Anthocyane schützen als Antioxidantien den Körper vor schädlichen freien Radikalen. Darüber hinaus wirken sie entzündungshemmend, antibakteriell und gefäßschützend.

Wie gesund ist Rotkohl aus dem Glas?

Frischer Rotkohl ist also sehr gesund. Da es jedoch seine Zeit braucht, um die blauvioletten Kohlköpfe zuzubereiten, greifen viele Menschen lieber auf die praktische Variante aus der Konserve zurück. Durch die Verarbeitung bzw. das Garen geht allerdings ein Teil der gesunden Nährstoffe verloren.

Das betrifft vor allem Vitamine, die empfindlich auf Luft oder Hitze reagieren bzw. wasserlöslich sind, erläutert Astrid Donalies, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), auf Nachfrage. So verringere sich etwa pro 100 Gramm der Vitamin C-Gehalt von 55 auf 20 Milligramm, die Menge an Folsäure sinke von 35 auf 10 Mikrogramm und der Gehalt an Kalium werde von 240 auf 125 Milligramm reduziert.

Industrielle Verarbeitung meist schnell und schonend

Allerdings weist die Ernährungsexpertin auch darauf hin, dass bei frischem Rotkohl ebenfalls empfindliche Nährstoffe verloren gehen können. Denn je länger der Kohl bis zur Zubereitung lagert, je höher die Temperaturen oder je mehr Wasser beim Kochen verwendet wird, desto größer seien mögliche Verluste. Schonende, wasserarme Garverfahren wie Dünsten oder Dämpfen können diese aber minimieren, so die Oecotrophologin.

Da habe das Fertigprodukt einen Vorteil, weil von der Ernte bis zur industriellen Verarbeitung meist nur wenig Zeit vergehe. Zudem werde das Gemüse in der Regel schnell und schonend weiterverarbeitet. Konserven enthalten laut Donalies jedoch mehr Salz. Eine gute Alternative seien hier TK-Produkte.

Auch Harald Seitz, Pressesprecher des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE), hebt hervor, dass Vitaminverluste durch die kurze Erhitzung noch im engen Rahmen bleiben. "Wenn wir dasselbe zuhause tun, kochen wir üblicherweise den Rotkohl über einen längeren Zeitraum. Da ist dann zum Beispiel ein Vitamin C-Verlust von bis zu 80 Prozent möglich", betont er. 

Außerdem gut zu wissen: Vitamin B2 und Folsäure sind sehr lichtempfindlich, wie der Ernährungswissenschaftler berichtet. "Je länger also bei Licht gelagert wird, desto höher die Verluste." 

Frisches Rotkraut ist sehr gesund. Aber ist Rotkohl aus dem Glas eine gute Alternative? Wir haben 20 Konserven auf bedenkliche Stoffe untersucht.
Frisches Rotkraut ist sehr gesund. Aber ist Rotkohl aus dem Glas eine gute Alternative? Wir haben 20 Konserven auf bedenkliche Stoffe untersucht. (Foto: Bigc Studio/Shutterstock)

Kühne, Hak & Co.: Rotkohl im Test

Wenn Sie häufiger mal zu Rotkohl-Konserven greifen, könnte Sie unser aktueller Test interessieren. Wir wollten wissen, ob mit fertigem Rotkohl Schadstoffe in unserem Essen landen. Um das herauszufinden, haben wir 20-mal Rotkohl eingekauft und im Labor überprüfen lassen. Das Ergebnis: Sechs Produkte sind mit "sehr gut" empfehlenswert. 

Rotkohl-Test: Jetzt Ergebnisse als ePaper kaufen

Labor findet besonders bedenkliche Pestizide

Unser Test zeigt aber auch, dass Rotkohl-Konserven teils ein Problem mit Pestizidrückständen haben. So hat das von uns beauftragte Labor beispielsweise Metabolite gefunden – Abbauprodukte von Captan und Spirotetramat. Captan ist vermutlich krebserregend, und Spirotetramat steht im Verdacht, die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen zu beeinträchtigen.

Die belasteten Produkte sind zwar nicht akut gesundheitsschädlich, wir stufen beide Spritzgifte aber als besonders bedenklich ein und werten sie daher auch in Spurengehalten ab. 

Einige Rotkohle im Test enthalten zu viel Salz

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Salz- und Zuckergehalte: Einige Anbieter von Rotkohl-Konserven im Test haben unserer Ansicht nach zu tief in den Salztopf gegriffen. Ihr Rotkohl überschreitet laut Deklaration jeweils den Schwellenwert von 1,1 Gramm pro 100 Gramm, ab dem Fertig- und Halbfertigprodukte in Finnland einen Warnhinweis wegen eines zu hohen Salzgehalts tragen müssen.

Auch einen aus unserer Sicht zu hohen Zuckergehalt bemängeln wir. Bei der Bewertung orientieren wir uns an dem von der WHO empfohlenen täglichen maximalen Zuckerkonsum. 

Kritik an zu wenig Apfel in Apfelrotkraut

Punktabzug gab es auch, wenn ein Anbieter bei einem als "Apfel-Rotkohl" bezeichneten Produkt an der namensgebenden Zutat knausert und weniger als zehn Prozent Apfelbestandteile einsetzt. Diese Mindestmenge schreiben die Leitsätze für Gemüseerzeugnisse zwar nur für tiefgefrorenen Apfel-Rotkohl vor. Wir legen diesen Maßstab jedoch analog auch für Konservenware an.

Negativ fielen uns in diesem Punkt zwei getestete Apfelrotkohle auf. Die eine Konserve enthielt nicht einmal drei Prozent Apfelstücke oder Apfelsaft – aus unserer Sicht viel zu wenig. Dagegen gibt der Hersteller des anderen betroffenen Rotkrauts im Test überhaupt nicht an, in welchen Mengen er das deklarierte Apfelsaftkonzentrat einsetzt. 

Wie schmeckt das Rotkraut im Test?

Letztendlich haben wir alle Rotkohlkonserven auch professionell verkosten lassen. Am Geschmack hatten die Sensorikexpertinnen und -experten nur wenig auszusetzen. Die meisten schmeckten mehr oder weniger aromatisch, würzig, süß-säuerlich und fruchtig, einige explizit nach Apfel.

Die Prüfer monierten jedoch vereinzelt etwa "zu wenig Würzung", "unabgestimmte Würze", "zu wenig Säure" oder einen aromaarmen Geruch. 

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Im Test: 20-mal Rotkohl im Glas oder im Standbeutel, darunter sechs Bio-Marken. Dabei entschieden wir uns für Apfel-Rotkohl oder Produkte, die Apfelbestandteile als Zutat aufführen. Umgerechnet auf 500 Gramm bezahlten wir in (Bio-)Supermärkten und Discountern zwischen 51 Cent und 1,61 Euro.

Verschiedene Labore unterzogen den Rotkohl einem umfassenden Prüfschema, wie einem Pestizidscreening und einer Analyse auf Blei, Cadmium, Aluminium und auf das Schimmelpilzgift Patulin. Ebenfalls im Testportfolio: Nitrat und die Industriechemikalie Bisphenol A. Darüber hinaus ließen wir den Gesamtzuckergehalt der Rotkohlkonserven bestimmen – und überprüften anhand dessen die deklarierten Werte. Die Analyse der löslichen Trockenmasse (Brix) ergab, dass alle als "Delikatess" ausgelobten Produkte den Vorgaben der Lebensmittel-Leitsätze entsprechen.

Über Zutatenliste, Etikett oder so nötig Herstellerabfragen erfassten wir Aromazusätze, den Salzgehalt pro 100 Gramm, den Apfelanteil als wertgebende Zutat und Umweltauslobungen. Ein Sensorikteam bereitete die Rotkohlkonserven nach Anleitung zu und bewertete im Anschluss deren Geruch und Geschmack. Ebenso ließen wir die Verpackungen routinemäßig auf umweltschädigende chlorierte Verbindungen überprüfen.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt, zugrunde gelegt werden die gemessenen Gehalte. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

Bei Richt- und Orientierungswerten handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen. Die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) ist ein Schätzwert, wie viel von einem Stoff lebenslang pro Tag ohne gesundheitliche Folgen aufgenommen werden kann. Die in der Tabelle dargestellten sensorischen Eigenschaften sind gekürzt, es wurden nur die aus unserer Sicht relevanten bzw. besonderen Punkte dargestellt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) ein Mehrfachrückstand an zwei bis sechs Pestiziden, Metaboliten und/oder Wirkverstärkern; b) ein bis zwei besonders bedenkliche Pestizide oder deren Metabolite in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg. Dabei orientieren wir uns an der Liste der hochgefährlichen Pestizide des Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN), Stand: 8/2021, insbesondere der in Gruppe 2 oder Gruppe 3 als sehr bienentoxisch oder sehr bioakkumulierend und sehr persistent in Wasser, Böden oder Sedimenten genannten Stoffe sowie an Einstufungen von Pestiziden in der EU-Datenbank oder CLP-Verordnung; (ECHA) als (vermutlich) kanzerogen oder reproduktionstoxisch (hier: Captan-, Spirotetramat-Metabolite); c) ein deklarierter Salzgehalt von mehr als 1,1 g/100 g (angelehnt an den Schwellenwert für einen Warnhinweis bei hohem Salzgehalt von Fertig-/Halbfertiggerichten in Finnland); d) ein deklarierter Zuckergehalt von mehr als 12,5 g pro 100 g. Dabei wird mit einer Portion von 200 g mehr als 50 % der empfohlenen Zuckeraufnahme der WHO von max. fünf Energieprozent am Tag ausschöpft (bezogen auf eine 60 kg schwere Person mit einer empfohlenen Energieaufnahme von durchschnittlich 2.000 kcal pro Tag); e) natürliches Aroma; f) in einem Apfel-Rotkohl weniger als 10 Prozent Apfelprodukte deklariert. Dies entspricht laut den Leitsätzen für Gemüseerzeugnisse der Mindestmenge an Apfelprodukten in Tiefkühl-Apfelrotkohl. Wir finden diese Mindestmenge sollte analog dazu auch für Apfelrotkohl in Konserven erfüllt sein; g) fehlende Deklaration des Apfelanteils und auch auf Nachfrage keine Mengenangabe offengelegt, sodass ein Anteil von mindestens 10 Prozent nicht als gesichert angesehen werden kann (Annahme analog oben).

Bewertung Testergebnis Sensorik: Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um zwei Noten: eine unabgestimmte Würzung. Zur Abwertung um je eine Note führt jede der folgenden sensorische Abweichungen bei der Beurteilung des Geruchs und Geschmacks: fehlende Säure, zu wenig Säure, zu wenig Würzung, aromaarm. Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um jeweils eine Note: a) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung; b) eine Abweichung des deklarierten Zuckergehalts vom im Labor ermittelten Wert von mehr als ±2 g bei deklarierten Zuckergehalten unter 10 g pro 100 g bzw. von mehr als ±20 Prozent bei deklarierten Zuckergehalten von 10 bis 40 g pro 100 g; basierend auf dem Leitfaden für zuständige Behörden – Kontrolle der Einhaltungder EU-Rechtsvorschriften der Europäischen Kommission, Stand Dezember 2012; c) eine fehlende quantitative Angabe (QUID) des Gehalts an Apfelprodukten bei einem Apfelrotkohl, welche als Teil der Verkehrsbezeichnung nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 vorgeschrieben ist. Im Sinne der Leitsätze für Gemüseerzeugnisse gelten Apfelstücke, Apfelmark, Apfelsaft und/oder Konzentrat als Apfelprodukte; d) eine Umweltauslobung ohne ausreichende Information dazu auf dem Produkt.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Testergebnisse Weitere Mängel oder Sensorik, die "befriedigend" oder "ausreichend" sind, verschlechtern das Gesamturteil um jeweils eine Note. Testergebnisse Sensorik oder Weitere Mängel, die "gut" sind, verschlechtern das Gesamturteil nicht.

Testmethoden

Brix (lösliche Trockenmasse): Refraktometrisch bei 20°C.
Gesamtzucker: titrimetrisch nach Luff-Schoorl (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Pestizid-Screening: GC-MS/MS und LC-MS/MS nach DIN EN 15662:2018-07 (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Nitrat: nach ASU L 26.00-1:2018-10 (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Blei, Cadmium, Aluminium: Aufschluss nach DIN EN 13805:2014-12. Messung mit ICP-MS nach DIN EN 15763:2010-04 (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Bisphenol A: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Patulin: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Sensorik: § 64 LFGB L 00.90-14:2019-03, mod..
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Juli – August 2024.

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.