12 Werkzeugkoffer im Test

Abgedreht

Jahrbuch für 2016 | | Kategorie: Bauen und Wohnen | 09.10.2015

12 Werkzeugkoffer im Test

Kleinere Reparaturen lassen sich mit Hammer, Zange und Schraubendreher schnell selbst erledigen. Für die Erstausstattung bietet sich ein Universalwerkzeugkoffer an. Unser Test zeigt: Von vermeintlichen Schnäppchen sollte man besser die Finger lassen - ihnen mangelt es an Qualität.

Der Trend zum Selbermachen, neudeutsch Do-it-yourself, ist ungebrochen. In einer Welt, die alles konsumbereit zur Verfügung stellt, ist es eine willkommene Herausforderung, selbst Hand anzulegen - und dabei auch noch kräftig Geld zu sparen.

Doch woran ist gutes Werkzeug zu erkennen? "Die Qualität des Werkstoffs ist für den Verbraucher letztlich von außen nicht erkennbar", sagt Professor Uwe Reiner von der Hochschule Bremen. Beispiel Chrom-Vanadium-Stahl: Er gilt als besonders hart und zäh; viele Werkzeuge tragen diese Bezeichnung. Doch längst nicht alle haben tatsächlich eine hohe Qualität. Die Hersteller der Produkte dürfen sie trotzdem als Chrom-Vanadium-Stahl verkaufen - die Bezeichnung ist nicht geschützt.

Eine grobe Orientierung bietet die Faustregel "gute Qualität hat ihren Preis". Von namhaften Herstellern wie Knipex, Hazet, Gedore und Stahlwille sei höhere Qualität zu erwarten als von billigen No-Name-Produkten, so Reinert. Auch Hinweise auf genormten Stahl und andere DIN-Kennzeichnungen deuten darauf hin, dass eine Firma sorgfältig produziert. Damit Amateuren die Freude am Heimwerken nicht von minderwertigen Werkzeugkoffern verdorben wird, haben wir zwölf davon eingekauft und gründlich testen lassen.

Das Testergebnis

Damit lässt sich arbeiten: Fünf mit "gut" bewertete Werkzeugkoffer können wir Hobbyheimwerkern empfehlen. Sie bieten für relativ wenig Geld gute Qualität. Den besten Gesamteindruck machte der Meister Werkzeugkoffer 95-teilig. Er verbindet eine breite Ausstattung mit solider Verarbeitung. Das hochwertigste Werkzeug liefert der Proxxon Industrial PKW- und Universalkoffer. Er ist allerdings wenig universal und vor allem zu empfehlen, wenn viel am Auto geschraubt wird.

Zu Niedrigstpreisen ist keine Qualität zu erwarten - das zeigt unser Test ganz deutlich. Die Werkzeuge der Billigkoffer P&K Pink Lady, Hanse Tools, 179-tlg. und Basic Werkzeugkoffer 77-tlg. schnitten klar schlechter als die der Konkurrenz ab. Die Hämmer der beiden "ungenügenden" Koffer hielten im Zugtest nicht einmal der Mindestkraft stand. Damit besteht ein erhöhtes Risiko, dass der Hammerkopf dem Heimwerker eines Tages um die Ohren fliegt. Auch rechnen die beiden Schlusslichter in die Zahl der angegebenen Teile zahlreiche Kleinteile wie Reißnägel oder Minidübel mit ein - da ist die Enttäuschung beim Käufer vorprogrammiert.

Besser als mit "befriedigend" schneidet in puncto Inhaltsstoffe kein Testprodukt ab. In ausnahmslos allen untersuchten Werkzeuggriffen fand das Labor polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) - eine Gruppe von Stoffen, von denen einige krebserregend sind. Die Werkzeuge von Ping-Handel und Hellweg enthielten darüber hinaus umweltschädliche chlorierte Verbindungen sowie Phthalate, die im Verdacht stehen, wie ein Hormon zu wirken.

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

In Baumärkten und online haben wir zwölf bestückte Werkzeugkoffer eingekauft. Die Koffer sollten zum Heimwerken geeignet, möglichst universal einsetzbar sein und mindestens Hammer, Zange und Schraubendreher sowie Knarre oder Schraubenschlüssel beziehungsweise Inbus enthalten. Auf solche mit reiner Elektriker- oder anderer berufsbezogener Ausstattung haben wir verzichtet. Für den günstigsten Koffer zahlten wir 27,99 Euro, die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers für den teuersten beträgt 165 Euro.

Die Praxisprüfung

Im Labor fühlten Fachleute den Werkzeugkoffern auf den Zahn. Sie beurteilten die Ausstattung der Koffer - und natürlich die Qualität des Inhalts. Mit den Hämmern schlugen sie auf Flachstahl und prüften mit einer speziellen Maschine, wie viel Kraft nötig ist, um die Hammerköpfe abzuziehen. Sie brachten mit den Knarren eine definierte Kraft gegen einen Drehmomentschlüssel auf und erprobten die Zangen an Kupfer-, Zink- und Stahldraht. Kraftübertragung und Ergonomie der Schraubendreher wurden fachmännisch beurteilt, auch ließen wir die Materialhärte jeweils mehrerer Werkzeuge pro Koffer nach einem normierten Verfahren testen. Unsere Experten überprüften auch kritisch, ob das Werkzeug im Koffer sicher verstaut ist und sich mühelos entnehmen und zurücklegen lässt. Robusten Koffern und Werkzeugen macht es nichts aus, sollten sie einmal runter fallen. Auch das haben wir getestet.

Die Inhaltsstoffe

Je ein Werkzeug pro Koffer schickten wir ins Labor, um dort den Kunststoffgriff überprüfen zu lassen: Werden als Weichmacher Phthalate eingesetzt, die im Verdacht stehen, wie ein Hormon zu wirken? Stecken polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe darin, von denen einige krebserregend sind? Auch nach umweltschädlichen chlorierten Verbindungen ließen wir die Experten fahnden.

Die Bewertung

Mit einem Werkzeugkoffer sollte man vielseitig, reibungslos und sicher arbeiten können, deshalb liegt der Fokus des Gesamturteils mit 70 Prozent auf der Praxisprüfung. Ist ein Produkt hier "ungenügend", kann das Gesamturteil nicht besser sein. Innerhalb des Praxistests geht für uns Qualität vor Quantität: In erster Linie zählt die gute Verarbeitung des Werkzeugs, die mit 70 Prozent einfließt. Ist ein Produkt hier "ungenügend", fällt es durch den gesamten Praxistest. Ausstattung und Handhabung des Koffers machen 30 Prozent der Praxisprüfung aus.

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