Sekt aus Flaschengärung im Test: Die Hälfte ist empfehlenswert

Jahrbuch für 2016 | Autor: Redaktion | Kategorie: Essen und Trinken | 09.10.2015

Sekt aus Flaschengärung im Test: Die Hälfte ist empfehlenswert

Sekt aus traditioneller Flaschengärung gilt als besonders hochwertig. Aber stimmt das wirklich? Immerhin: Die Hälfte der Produkte können wir empfehlen.

Nicht immer ist auf den ersten Blick erkennbar, ob man es mit einem hochwertigen Sekt zu tun hat. In den Regalen stehen Edelbrausen der unterschiedlichsten Preisklassen. Der Kenner achten auf das Herstellungsverfahren, die Angabe "traditionelle oder klassische Flaschengärung". Die Flaschengärung findet, wie der Name schon sagt, in der Flasche statt - im Unterschied zu einfachen Sekten, die in Tanks von bis zu 10.000 Litern produziert werden. Der Versektungsprozess ist in beiden Fällen aber ähnlich. So stellt der Kellermeister aus einer Mischung verschiedener Grundweine zunächst die Cuvée zusammen. Dazu kommen Zucker und Sekthefen, um die zweite Gärung einzuleiten, Alkohol und Kohlendioxid entstehen. Anschließend muss der Sekt noch eine Weile auf der Hefe ruhen. Bevor die Flaschen endgültig verkorkt werden, wird nochmals Zucker zudosiert.

Sekt-Sorten mit Alkohol im Test

Vorab muss allerdings noch die Hefe entfernt werden: Durch Rütteln oder Drehen setzt sich die Hefe im Flaschenhals ab. Dann wird degorgiert, wie sich der Vorgang des Enthefens beim traditionellen Sekt nennt. Dazu wird das Hefedepot eingefroren und nach dem Entfernen des Verschlusses herausgeschleudert. Die Kunst ist, den Verlust an Flüssigkeit und Kohlendioxid so gering wie möglich zu halten. Deutlich weniger aufwendig ist die Flaschengärung auf Basis des Transvasierverfahrens, da der Sekt dabei in einen Gegendruckbehälter überführt wird und über Filter entheft werden kann.

Angesichts der Ähnlichkeiten im Gärprozess stellt sich dennoch die Frage, ob der ganze Aufwand lohnt und ein in der Flasche vergorener Sekt tatsächlich hochwertiger ist als das Massenprodukt aus dem Tank.

Wir wollten wissen, wie Produkte aus traditioneller Flaschengärung denn nun professionell beurteilt werden, und haben 18 Sekte, Crémants und Cavas in die Labore geschickt. Die Preisspanne, in der diese Produkte erhältlich sind, ist erheblich. Sie reicht in unserem Test von knapp 6 bis mehr als 20 Euro.

Sekt: Das Testergebnis

Feierlaune kommt nicht auf: Nur die Hälfte der Produkte schließt den Test mit einem "sehr guten" oder "guten" Urteil ab. Selbst der teuerste Sekt im Test, der Ferrari Brut Trentodoc, schafft nur ein "ausreichend".

Geringe bis deutliche Abweichungen beim Geruch und/oder Geschmack stellten die Prüfer relativ häufig fest. Vor allem bittere Noten wurden bemängelt. Verantwortlich dafür ist oft ein Übergang von Phenolen aus den Beerenhäuten in den Traubenmost. Dazu kann es kommen, wenn die Weintrauben durch Verletzungen, Fäulnis oder Nässe aufplatzen und lösliche Phenole freigeben. Die bitteren Noten können dabei umso deutlicher hervortreten, je länger der Sekt auf der Hefe gelagert hat. Sulfidig nennen Sensorikexperten eine Abweichung, die auf einen Fehler in der Gärführung zurückgeht. Diese Abweichung fand sich im Crémant de Bourgogne Brut. "Sehr gute" Sekte zeichneten sich durch einen fruchtigen, angenehmen un...

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Im Test: 18 Mal Sekt aus traditioneller Flaschengärung. Weil die großen deutschen Sektkellereien nach diesem Verfahren eher selten versekten, fehlen Produkte bekannter Marken wie Rotkäppchen, Mumm oder Fürst von Metternich. Dafür ergatterten wir etliche Crémants und Cavas. Vier Bio-Marken und drei Rosé- sekte komplettierten das Testfeld.

Die Sensorik: Bei Sekt steht der Genuss im Vordergrund. Wir ließen die Produkte daher von fünf erfahrenen Sensorikexperten verdeckt verkosten. Beschrieben wurden das Aussehen, der Geruch, der Geschmack und das Mundgefühl. Dabei waren nur die übereinstimmend festgestellten Merkmale bewertungsrelevant. Grundsätzlich orientierte sich die sensorische Beurteilung an der deutschen Geschmackserwartung an Sekt, die milde und unkomplizierte Produkte in den Mittelpunkt stellt.

Die Inhaltsstoffe: Sekt, Crémant und Cava zählen zu den Qualitätsschaumweinen, für die bestimmte gesetzliche Vorgaben, etwa für den Alkoholgehalt, den Druck oder Sulfitgehalt vorgeschrieben sind. Das ließen wir überprüfen. Gecheckt wurde auch, ob der Zuckergehalt der Geschmacksangabe entspricht. Traditionell in der Flasche oder im Tank hergestellt? Das wurde mittels Isotopenanalyse überprüft. Danach spricht der Nachweis von gärungsfremder Kohlensäure dafür, dass unter Gegendruck abgefüllt wurde, wie dies bei Sekt aus dem Tank gemacht wird. Auf Rückstände von Pestiziden haben wir nicht untersucht, weil frühere Tests gezeigt haben, dass schon im einmal vergorenen Grundwein kaum Rückstände nachweisbar sind. Im Sekt, der ein zweites Mal vergoren wird, ist somit noch weniger damit zu rechnen.

Die Bewertung: Sensorische Abweichungen wie ein bitterer, unausgewogener Geschmack führten je nach Intensität zu mehr oder weniger deutlichen Abzügen. Minuspunkte vergaben wir zudem für höhere Zuckergehalte als vorgeschrieben.

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