Laminatböden im Test: Die Hälfte ist "gut"

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2014 | Autor: Maren Klein | Kategorie: Bauen und Wohnen | 11.10.2013

Laminatböden im Test: Wir haben zehn Laminatböden überprüft.
Foto: dotshock/Shutterstock

Laminat ist eigentlich nicht viel mehr als das Abbild eines Holzbodens. Doch sein glamouröser Auftritt ist nicht unbedingt von Dauer – die Kunststoffoberflächen vieler Produkte sind nicht so robust, wie viele Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten. Immerhin: Fünf von zehn Laminatböden schneiden in unserem Test "gut" ab.

Aktualisiert am 11.10.2013 | Die Deutschen sind europaweit die größten Laminatfans, auch im europäischen Ausland boomt Laminat. Zu Recht? Die Melamin- oder Acrylharzoberfläche eines Laminats ist zuerst einmal robuster als die Oberfläche eines Fertigparketts. Je nach Holzart gibt Echtholz eben eher nach, wenn man mit Stilettos darüberstöckelt. Das macht Laminat für viele Heimwerker und Bauherren attraktiv.

Doch wenn wirklich mal ein Steinchen in der Schuhsohle für einen Kratzer in der Oberfläche sorgt, wird der Unterschied deutlich: Unter der Laminatharzschicht verbirgt sich nur ein Dekorpapier, dann kommt schon gleich die Trägerplatte, die in der Regel aus Holzwerkstoffplatten wie MDF oder HDF besteht. Drüberschleifen ist deshalb nicht.

Obi, Bauhaus & Co.: Lamninatböden im Test

Wir haben zehn Produkte eingekauft und sowohl das Material als auch die praktischen Eigenschaften untersuchen lassen. Das Ergebnis: Die Laminate sind ganz akzeptabel. Immerhin fünf Produkte schneiden mit der Note "gut" ab. Eine unschöne Eigenschaft haben jedoch alle überprüften Laminatböden: Sie können sich recht schnell elektrostatisch aufladen, was Auswirkungen auf das Raumklima hat.

Bekommen die Laminatböden schnell Kratzer?

Weniger als vier Euro zahlt man bei den günstigsten Produkten pro Quadratmeter. Dafür bekommt man allerdings auch nicht ganz so robuste Paneele. So stufen wir die Stoßfestigkeit eines Laminats als eher gering ein und werten um eine Note ab.

Erstmals haben wir testen lassen, wie schnell auf den Oberflächen feine Kratzer entstehen können. Bei gut der Hälfte der Laminate im Test muss man sich hier keine Sorgen machen.

Es gibt aber durchaus Modelle, die etwas schneller angekratzt sind. Bei zwei untersuchten Laminaten muss man damit rechnen, dass sich die Spuren der Zeit schneller an der Oberfläche zeigen. Zwei weitere Böden stufenN wir als "empfindlich" ein. Häufig geht dies einher mit einer zunehmend stumpfer werdenden Oberfläche.

Laminat kann sich elektrostatisch aufladen

Wenn einem regelmäßig die Haare zu Berge stehen – dann ist womöglich das Laminat schuld. Mehrere Tausend Volt wurden im Labor gemessen, nachdem die Nutzung simuliert wurde, indem mit Wollsocken, Turnschuhsohlen oder der nackten Hand darübergerieben wurde.

Besonders negativ fielen hier zwei Laminatböden im Test auf. Bei ihnen zeigten sich in den Labortests Aufladungen von 6.000 Volt und mehr. Die Harzoberfläche des Laminats sorgt dafür, dass sich die Spannung bisweilen nur langsam abbaut. Das kann zum Teil Stunden dauern – mit den entsprechenden negativen raumklimatischen Folgen: So kann die veränderte Luftionisation dazu führen, dass Staub stärker angezogen und in Bewegung gebracht wird.

Kein Laminat fiel bei den Prüfungen auf ausgasende Stoffe negativ auf. Formaldehyd wies das Labor nur in Mengen nach, die unter unseren strengen Abwertungsgrenzen liegen.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Handbuch Bauen für 2013 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2014, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Testverfahren

Der Einkauf: Der Großteil der zehn Laminate wurde in Baumärkten eingekauft. Die Paneele von Hamberger Flooring, Holzland, Schulte und Tarkett stammen aus dem Fachhandel. Die meisten Laminate sind mit der Beanspruchungsklasse 31 deklariert, das heißt sie sind in Privathaushalten für alle Bereiche einsetzbar. Zwei Produkte im Test sollen auch für stärkere gewerbliche Nutzung geeignet sein.

Das Material: Bei Laminat zählt vor allem, was es ausgast, wenn es in der Wohnung liegt. Großes Thema ist hier natürlich krebserregendes Formaldehyd, das im Leim der Trägerplatte wie auch der Melaminharzbeschichtung zum Einsatz kommt. Aber auch andere Lösemittel können für schlechte Luft sorgen. Wir ließen messen, welche flüchtigen organischen Verbindungen aus der Laminatoberfläche in die Luft entfleuchen.

Die elektrostatische Oberflächenspannung: Altes Problem bei Laminat: Es lädt sich leicht elektrostatisch auf. Ursache hierfür ist die Kunststoffdeckschicht mit ihrem hohen Oberflächenwiderstand. Dieser sorgt dafür, dass Ladungsverschiebungen, die etwa beim Drüberlaufen mit Socken oder Turnschuhen entstehen, kaum oder nur langsam ausgeglichen und abgebaut werden. Im Labor wurde dies mit einer ganzen Reihe hochkomplexer Geräte, aber unter "normalen" Raumbedingungen gemessen.

Der Praxistest: Ist das Laminat so strapazierfähig, wie der Hersteller behauptet? Aus Erfahrung wissen wir: Es ist besser nachzuprüfen. Ein Fachlabor testete für uns nach Normvorgaben. Dabei wird eine gut 300 Gramm schwere Metallkugel aus verschiedenen Höhen auf die Oberfläche fallen gelassen sowie eine kleinere Kugel mit zunehmendem Druck auf die Oberfläche geschleudert. Hört sich theoretisch an, simuliert aber ganz gut Alltagssituationen - lässt man sich mit Schwung in den schweren Lesesessel plumpsen oder übt die Freundin, auf ihren neuen Stilettos zu laufen, kommen ganz ähnliche Stöße zustande.

Wie beständig Laminat gegen Feuchtigkeit ist, wird getestet, indem Proben 20 Stunden lang in ein Wasserbad gelegt werden: Material, das hier nicht allzu stark aufquellt, hält auch aus, wenn mal aus Versehen etwas zu feucht aufgewischt wird. Darüber hinaus wurde im Praxislabor bis auf Hundertstel Millimeter genau gemessen, wie groß die Höhenunterschiede zwischen den zusammengesteckten Paneelen sind und ob die Fugen auch schön dicht sind.

Neu in unserem Prüfprogramm ist das Thema "Mikrokratzer". Die entsprechende Norm wird demnächst in Kraft treten und womöglich wird man auch bald auf ersten Laminaten die Info finden, in welche Kratzempfindlichkeitsklasse ein Boden eingestuft ist. Bei den Scheuerprüfungen wird die Oberfläche mit verschiedenen Reibmitteln bearbeitet, die man sich wie raue Putzschwämme vorstellen kann. Die etwas feinere Variante dient dazu, zu prüfen, wie stark die Oberfläche an Glanz verliert, was mit einem sogenannten Reflektormeter vor und nach den Prüfungen ermittelt wird. Etwas groberes Schleifmaterial kommt zum Einsatz, um zu prüfen, wie schnell Kratzer auf der Oberfläche erkennbar sind.

Weitere Mängel: Die Deklaration. Das A und O bei der Auswahl eines Laminats ist die Beanspruchungsklasse, denn sie bestimmt, ob ein Laminat auch für Küche und Flur geeignet ist oder maximal im Schlafzimmer unbeschadet mehrere Jahre aushält. Wir haben uns angesehen, ob ein Boden hält, was der Hersteller verspricht.

Die Bewertung: Böden, deren Stoßfestigkeit unter den Mindestanforderungen der Norm bleibt, werten wir im Testergebnis Praxisprüfung ab. Abzüge, wenn auch nicht so stark, gibt es hier auch, wenn die Vorgaben nur ganz knapp erfüllt werden. Lobt ein Hersteller für sein Laminat eine zu hohe Beanspruchungsklasse aus oder entspricht ein Laminat gar keiner Beanspruchungsklasse, werten wir unter "Weitere Mängel" um zwei beziehungsweise vier Noten ab, was sich wiederum auf das Testergebnis Praxisprüfung auswirkt. Generell gilt: Ein empfehlenswertes Laminat besteht in allen drei Disziplinen: Inhaltsstoffe, elektrostatische Oberflächenspannung, Praxisprüfung.

Bewertungslegende

Testergebnis elektrostatische Oberflächenspannung: Unter dem Testergebnis elektrostatische Oberflächenspannung führen zur Abwertung um zwei Noten: mögliche erhöhte elektrostatische Oberflächenspannungen ab 3.000 Volt oder größer 1.000 Volt mit Durchgangswiderständen ab 50.000 Megaohm und Oberflächenwiderständen ab 100.000 Megaohm. Zur Abwertung um eine Note führt: mögliche leicht erhöhte Oberflächenspannungen größer 1.000 bis unter 3.000 Volt.

Testergebnis Praxisprüfung: Unter dem Testergebnis Praxisprüfung führt zur Abwertung um zwei Noten: sehr empfindlich im Hinblick auf Mikrokratzer (Einstufung in Klasse B 5 nach prEN 16094). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) geringe Stoßfestigkeit (Beschädigung der Laminatoberfläche bei Prüfungen mit der kleinen Kugel bei 8 bzw. 9 N); b) empfindlich im Hinblick auf Mikrokratzer (Einstufung in Klasse MSR-B 3 bzw. -B 4 nach prEN 16094).

Das Gesamturteil basiert auf dem Testergebnis Material, dem Testergebnis elektrostatische Oberflächenspannung und dem Testergebnis Praxisprüfung. Es kann nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis.

Testmethoden

Stoßfestigkeit: Beständigkeit gegen Stoßbeanspruchung gegenüber der kleinen und der großen Kugel nach DIN EN 13329:2009-01, Anhang F. Dickenquellung: DIN EN 13329:2009-1, Anhang G. Fugenöffnungen und Höhenunterschiede zwischen Laminatbodenelementen: Prüfung nach DIN EN 13329:2009-01, Anhang B. Mikrokratzbeständigkeit: Prüfung nach prEN 16094. Elektrostatische Oberflächenspannung: Messungen mit Elektrofeldmeter EFM 022/110/251 sowie mit Tera-Ohm-Meter TOM 374 fünf bis zehn Sekunden nach alltagstypischer Reibung (durch Schuhe mit verschiedenen Sohlen, mit der Handfläche und verschiedenen Textilien) bei Lufttemperaturen von 21-22 Grad Celsius und 43-48 Prozent relativer Luftfeuchte auf eher isolierenden Untergründen (schwimmend über Polystyrol verlegten Holzfußboden, Polystyrol). Die Probe war den Raumklimabedingungen nicht nur während der Messungen, sondern auch mehrere Tage vorher ausgesetzt. Luftionisation im Messraum: 600-800 Ionen pro Kubikzentimeter. Die Messungen der Oberflächenspannungen wurden mindestens fünf Mal wiederholt, die Widerstandsmessungen (mit 2,5 kg schweren Elektroden) mindestens drei Mal. Die Oberflächenwiderstandsmessungen wurden im Abstand der Messelektroden von 10 cm durchgeführt. Weitere verwendete Messgeräte: Insulation-Tester Beha Typ Giga Ohm 93406, Feuchte- und Temperaturmessgerät Testo 615, Luftionenmessgerät Ionometer IM 5005. VOC-Emissionen: Emissionsprüfzellenmessung mit Thermodesorption-GC/MS nach 24 h; alle nicht näher identifizierbaren Verbindungen wurden als Toluoläquivalent berechnet. Formaldehyd: HPLC-DAD nach EPZ-Probennahme auf DNPH-Kartusche und Elution nach 24 h; Randbedingungen: Raum von 4 m x 3 m x 2,5 m, Luftwechselzahl von 0,5/h. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: September – Oktober 2011.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Handbuch Bauen für 2013 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2014, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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