17 Fahrradhosen im Test

Bein(k)leid

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2014 | | Kategorie: Freizeit und Technik | 11.10.2013

17 Fahrradhosen im Test

Eine Fahrradhose erhöht dank Polster und faltenfreiem Sitz den Komfort auf dem Sattel. Ungemütlich kann es für die Haut dennoch werden - wenn das enge Kleidungsstück voller Schadstoffe ist. Und das trifft leider für mehr als die Hälfte der getesteten 17 Fahrradhosen und -unterhosen zu.

Eine kleine Falte im Hosenstoff reicht aus. Oder eine harte Jeansnaht am Po: Bei jedem Tritt in die Pedale drückt und reibt die Naht am Allerwertesten. Der wird erst rot, dann wund.

Unter ästhetischen Gesichtspunkten lässt sich über eng anliegende Fahrradhosen streiten. Beim Thema Funktionalität sind sich die meisten Tourenfahrer aber einig: Gut sitzende, enge Fahrradhosen erhöhen den Fahrkomfort deutlich.

Was alles an Schadstoffen in Sitzpolstern und Hosenmaterial steckt, verrät Ihnen unser Test von neun Fahrradhosen und acht Fahrradunterhosen.

Das Testergebnis

Elf Fahrradhosen und -unterhosen stecken voller problematischer Inhaltsstoffe und fallen beim Test mit "ungenügend" oder "mangelhaft" durch. Auch die übrigen sechs Produkte schneiden mit einer Ausnahme nur mittelmäßig ab.

In den Hosen Cool Bike Boxer von Craft, Pearl Izumi Women's Elite Cycling Bib, Trigema Rad-Unterhose Bioactive und Vaude Wo Birch Shorts and Innerpants fand ein Labor das krebserregende aromatische Amin 4,4'-Diaminodiphenylmethan, kurz MDA. Aromatische Amine sind Stoffe, die insbesondere für die Herstellung von Farbstoffen verwendet werden und auch in der Kunststoffproduktion zum Einsatz kommen. In dem Modell von Craft sind 70 mg/kg,im Produkt von Pearl Izumi 40 mg/kg des Amins enthalten. Die Bedarfsgegenständeverordnung verbietet bestimmte aromatische Amine in Produkten, die längere Zeit mit der menschlichen Haut in Berührung kommen können, ab einer Menge von mehr als 30 mg/kg. Das Inverkehrbringen solch belasteter Produkte ist nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch verboten. Rechtlich beurteilungsrelevant sind Amine aber nur, wenn die Quelle der Amine Azo-Farbstoffe sind. Denn der Gesetzgeber sieht es als bewiesen an, dass sich aus Azo-Farbstoffen auf der Haut und im menschlichen Körper die gefährlichen aromatischen Amine abspalten und so ihr negatives Potenzial entfalten können. Bei unserem Fahrradhosen-Test ließ sich jedoch nicht klären, ob MDA aus einem Azo-Farbstoff oder aus dem in den vier Hosen enthaltenen Kunststoff Polyurethan stammt. Trotzdem hat das Labor das gefährliche aromatische Amin mit derselben Methode nachgewiesen, mit der ein Nachweis von Aminen auch in Azo-Farbstoffen erfolgt. Ob sich das Amin beim Kontakt von Polyurethan mit der Haut abspalten kann, ließ sich auf Nachfrage bei Experten, die zum Thema der Aufnahme von aromatischen Aminen über die Haut forschen, nicht klären.

Für den Verbraucher bedeutet das eindeutig zu viel Unsicherheit. Deshalb werten wir im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes streng ab. Mitarbeiter des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg empfehlen den Herstellern der betroffenen Produkte, die MDA enthalten und dessen Quelle Polyurethan ist, "diesen Umstand in (die) Qualitätssicherungsmaßnahmen aufzunehmen und so zu einer Minimierung der Verbraucherexposition beizutragen".

"The Built-in antimicrobial P...

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Wir haben neun Fahrradhosen und acht Fahrradunterhosen eingekauft. Letztere verfügen ebenfalls über Sitzpolster und sind für Radfahrer geeignet, die zwar längere Strecken zurücklegen, dafür aber keine ausgesprochene Radsportkleidung tragen möchten. Im Einkaufskorb landeten Produkte für Frauen und Männer - für Letztere hat sich die Trägerhose (Bibshort) in den vergangenen Jahren durchgesetzt.

Die Inhaltsstoffe

"Funktionsbekleidung" heißt hier das Stichwort: Fahrradhosen sollen reibungslosen Komfort bieten, Feuchtigkeit vom Körper wegschaffen und gleichzeitig gegen Wind und Wetter schützen. Und einige Produkte sollen sogar unangenehme Gerüche vermeiden, indem Stoffe im Hosenmaterial die geruchsbildenden Bakterien killen. Für dieses Rundum-sorglos-Paket setzen Hersteller verschiedene Kunstfasern ein und unterschiedlichste Ausrüstungsmaterialien. Deswegen haben die Labore zum Beispiel nach schädlichen antibakteriell wirksamen Substanzen gesucht. Giftige zinnorganische Verbindungen können zum Imprägnieren der Materialien verwendet werden. Auch ließen wir untersuchen, ob die Hersteller Silber im Kampf gegen geruchsbildende Bakterien einsetzen. Silber kann die Umwelt schädigen und zur Bildung von silberresistenten Bakterienstämmen beitragen, womit der in der Medizin wertvolle antimikrobielle Stoff wirkungslos wird.

Die Materialprüfung

Wir wollten wissen: Behält die Fahrradhose ihre Farbe, auch wenn sie starker Reibung ausgesetzt ist oder in Kontakt mit Schweiß gerät? Genau so wichtig für Verbraucher: Färbt die Hose auf das Baumwollshirt, die Haut oder das Polyestertrikot ab?

Die Bewertung

Fahrradunterhosen und auch Fahrradhosen werden auf der nackten Haut getragen. Und die ist durch Schweiß, Reibung und Hitze beim Einsatz bereits genug gefordert. Da hat zusätzlicher Stress durch problematische Inhaltsstoffe im Textil schon gar nichts zu suchen. Aber auch das Material muss den Härtetest bestehen und reibecht sowie schweißecht sein. Und es darf natürlich nicht abfärben. Inhaltsstoffe und Material - beides ist wichtig. Deshalb kann das Gesamturteil auch nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis.

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