- Viele Tabletten, Tees oder Präparate gegen Blasenentzündung haben keine oder nur wenig überzeugende Wirksamkeitsnachweise.
- In vielen Produkten stecken außerdem zu hohe Gehalte von Pflanzengiften und/oder Pestiziden.
- Nur drei von 36 Produkten im Test sind "gut".
Vor allem Frauen leiden unter Blasenentzündungen. Das Risiko ist von Frau zu Frau verschieden: Häufige Auslöser sind Geschlechtsverkehr und eine Unterkühlung, etwa durch nasse Badesachen. Bei anderen Frauen fördert die Verhütungsmethode mit einem Diaphragma und mit einem spermienabtötenden Verhütungsmittel die Entzündung.
Auch Frauen in den Wechseljahren, die eine trockene Scheide und eine veränderte Scheidenflora plagen, können des Öfteren unter einer unkomplizierten Zystitis leiden: So wird die Infektion der unteren Harnwege medizinisch genannt.
Blasenentzündung betrifft vor allem Frauen
In der Regel verursachen Enterobakterien wie E. Coli, die eigentlich den Darm besiedeln, einen Harnwegsinfekt. Beim Sex oder durch Abwischen des Pos in Richtung Scheide können sie in die Harnröhre gelangen und bis zur Blase aufsteigen. In der Harnblase heften sich die Eindringlinge dann an die Schleimhaut, vermehren sich und entzünden so das Gewebe. Frauen sind wesentlich häufiger von einer Blasenentzündung betroffen, weil ihre Harnröhre nur drei bis vier Zentimeter lang ist und damit deutlich kürzer als beim Mann.
Nach der medizinischen Leitlinie zu unkomplizierten Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen (Link) wird eine Blasenentzündung im Standardfall mit einer antibiotischen Kurztherapie behandelt. "Ihre Dauer ist von der Art des Antibiotikums abhängig", erklärt Professor Florian Wagenlehner vom Uniklinikum Gießen. "Jede Antibiotikagabe birgt aber ein Risiko für eine Resistenzbildung. Unter Umständen ist deshalb auch eine rein symptomatische Behandlung der Schmerzen möglich."
Zystitis wird oft mit Antibiotika behandelt
In der Regel heilt eine unkomplizierte Zystitis ohne Probleme aus. Manchmal kommen zu den normalen Beschwerden einer Blasenentzündung weitere Symptome wie Schmerzen in der Nierengegend und Fieber hinzu. Dann könnte eine Nierenbeckenentzündung vorliegen. Diese ist zwar selten, sie sollte aber zügig behandelt werden.
Besonders Frauen, die öfters von Blaseninfektionen betroffen sind, probieren bei den ersten Anzeichen aus, ob sie das Problem mit freiverkäuflichen Mitteln wie Arzneitees oder Cranberry-Produkten in den Griff bekommen können. Oder sie nehmen solche Präparate vorbeugend ein. Gegen solche Produkte spricht allerdings, dass ihre Wirksamkeit bislang wenig überzeugend belegt ist – lesen Sie dazu: Cranberry-Präparate gegen Blasenentzündung im Test (Test-Ergebnisse gratis)
36 Mittel gegen Blasenentzündung im Tests
Was ist also von den zahlreichen anderen freiverkäuflichen Alternativen zu halten, die gegen Harnwegsinfektionen bzw. Blasenentzündungen angepriesen werden? Wir haben 21 Blasen- und Nierentees, 13 rezeptfreie Arzneimittel sowie zwei D-Mannose-Präparate eingekauft, die von den Anbietern für eine Behandlung entzündlicher Harn- und Blasenprobleme angeboten werden.
Für alle Produkte haben wir die wissenschaftliche Studienlage sichten und begutachten lassen. Zudem wurden die Mittel auf umstrittene und problematische Substanzen überprüft.
Blasenentzündung: Viele Präparate fallen durch
Gerade einmal drei Produkte gehen mit der Note "gut" aus dem Test. Die Mehrheit dagegen fällt mit den Noten "mangelhaft" und "ungenügend" durch. Bei den Blasen- und Nierentees ist nur ein Produkt "gut", hier sind meist Pflanzengifte und Pestizide das Problem. Auch in anderen Tees haben wir immer wieder Pestizide gefunden – lesen Sie dazu auch: Kräutertee im Test sowie Husten- und Bronchialtee im Test.
Viele Produkte, die bestimmte Heilpflanzen enthalten, bewerten wir als "nur unterstützend" bei Harnwegsinfektionen, weil die positiven Eigenschaften der Heilkräuter zwar traditionell beschrieben wurden, aber nicht klinisch belegt sind. Von Produkten, die die Blätter eines bestimmten Heilkrauts beinhalten, raten wir ab: In ihnen steckt der Stoff Arbutin, der im Körper die unter Krebsverdacht stehende Substanz Hydrochinon abspaltet. Bei Produkten mit anderen Wirkstoffen wiederum ist die Wirksamkeit wenig überzeugend oder gar nicht belegt.
Tees gegen Blasenentzündung oft belastet
Zahlreiche Blasen- und Nierentees sowie zwei andere pflanzliche Arzneimittel enthalten außerdem erhöhte bis sehr stark erhöhte Gehalte an Pyrrolizidinalkaloiden (PA): Die Pflanzengifte gelangen mit Unkräutern, die solche Gifte zum Schutz vor Fraßfeinden bilden, in die Produkte. Das Pflanzengift PA ist im Tierversuch krebserregend und erbgutschädigend und kann auf Dauer die Leber schädigen.
Wir haben uns bei der Bewertung der Pflanzengifte zum einen an dem Zielwert der europäischen Arzneimittelbehörde EMA von 0,35 Mikrogramm pro Tagesdosis für eine 50-Kilogramm-Person orientiert, den die Behörde im November 2014 veröffentlicht hat. Zum anderen haben wir PA-Gehalte, die den Grenzwert des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) überschreiten, streng abgewertet.
Der Grenzwert wurde im März 2016 bekanntgegeben und gilt vorübergehend für drei Jahre. Die Unternehmen müssen garantieren, dass jede einzelne Charge ihrer Produkte den BfArM-Grenzwert erfüllt. Unsere Testprodukte waren zum Zeitpunkt der behördlichen Bekanntmachung längst produziert und ausgeliefert. Während einige Produkte zumindest den hohen BfArM-Grenzwert einhalten, überschreiten ihn andere Produkte deutlich.
Blasen- und Nierentee: Probleme mit Pestiziden
In den meisten Blasentees stecken außerdem zu hohe Rückstände von Pestiziden, teils sind die gesetzlichen Höchstmengen für Kräutertees überschritten.
Notenabzüge vergeben wir auch für Alkohol in Produkten, die auch für Kinder geeignet sind, sowie für bestimmte Farbstoffe. Was wir außerdem bemängeln: Bei einigen Produkten fehlte der Hinweis, bei länger andauernden Beschwerden einen Arzt aufzusuchen. Auf einem Produkt ist lediglich die Dosierung auf Deutsch abgedruckt.
ÖKO-TEST rät
- Für eine Durchspülung der Harnwege sollten Sie vor allem auf vermehrte Flüssigkeitszufuhr mit Wasser, Schorlen & Co. setzen. Die drei "guten" Mittel können dabei unterstützend wirken.
- Halten die Beschwerden an, treten Fieber oder Blut im Urin auf, gehen Sie zum Arzt. Auch Schwangere, Kinder oder Männer, die ein Brennen beim Wasserlassen spüren, sollten ihre Beschwerden zügig von einem Arzt abklären lassen.
- Damit keine Bakterien in die Harnröhre gelangen, achten Sie darauf, den Po immer von der Scheide weg abwischen und nach dem Sex die Harnblase vollständig zu leeren.
- Zudem ist es ratsam, ausreichend zu trinken, Körper und Füße warmzuhalten sowie auf übertriebene Intimhygiene mit Seife oder Intimwaschlotion zu verzichten - letzteres bringt die Scheidenflora aus dem Gleichgewicht.
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