Kinder sind bewegte Wesen: Sie balancieren auf Bordsteinen oder kleinen Mauern, rennen um die Wette, kriechen durchs Gestrüpp, machen Steine-Weitwurf, klettern auf Bäume, springen in Pfützen oder messen in Raufereien spielerisch ihre Kräfte. Theoretisch jedenfalls. Wenn man sie denn ließe. Tut man aber oft genug nicht. Weil sie sich dabei schmutzig machen und weh tun könnten, weil es zu gefährlich oder viel zu laut und störend ist, weil "Rasen betreten verboten" ist oder, oder, oder.
All das bremst Kinder in ihrem natürlichen Bewegungsdrang und Spieltrieb aus, verdirbt ihnen den Spaß am Toben und macht sie auf Dauer bequem - und auf lange Sicht schlimmstenfalls übergewichtig und krank. Verstärkt wird die Bewegungsarmut durch die zunehmende Nutzung von Medien, die auch bei Kindergartenkindern zum Alltag gehören - und vorwiegend im Sitzen konsumiert werden. Was zu der paradoxen Gleichung führt: je schnelllebiger unsere Zeit, je mobiler unsere Kommunikation - desto unbeweglicher werden offenbar unsere Kinder.
Dagegen steht das Konzept der Bewegungskindergärten. Der pädagogische Gedanke dahinter: Bewegung hat eine elementare Bedeutung für die Entwicklung eines Kindes. Oder wie es Professor Dr. Renate Zimmer formuliert: "Kinder brauchen Bewegungsmöglichkeiten im Alltag, um ihre Kräfte zu entfalten und ihre Fähigkeiten und Ressourcen zu entwickeln." Die Sport- und Erziehungswissenschaftlerin, die lange an der Universität Osnabrück lehrte, setzt seit Jahrzehnten buchstäblich alles in Bewegung, um ihre Botschaft ‚Bildung braucht Bewegung, von Anfang an'‚ zu verbreiten. "Denn über die Sinne", so Zimmer, "werden Erfahrungen zu Erkenntnissen."
Gerade frühkindliche Bewegung geht weit über den Erwerb motorischer Kompetenzen hinaus. Sie hilft Kindern vielmehr dabei, ihre Persönlichkeit zu entwickeln, indem sie sich mit anderen Kindern beschäftigen, sich auseinandersetzen, in Kontakt zueinander treten, sich über Siege freuen, mit Niederlagen umgehen lernen. Sie lernen durch Bewegung ihren Körper - seine Möglichkeiten, Stärken und auch Grenzen - wie auch ihre Umwelt kennen.
Dafür braucht es weder ausgeklügelte Fitness- und Spielgeräte noch kostspielige Trainingsprogramme oder feste Übungseinheiten. Vielmehr geht es Bewegungskindergärten darum, Bewegung als kontinuierlichen Bestandteil des Alltags zu ermöglichen. Zum Profil der speziellen Kitas gehört, dass Kinder
-mit allen Sinnen lernen, denn sie nehmen mit ihrem ganzen Körper wahr
-verschiedene Bewegungsarten wie Gehen, Laufen, Hüpfen, Springen, Klettern, Schieben, Rollen, Ziehen, Balancieren, Werfen, Drehen usw. anwenden, was ihre Reaktions-, Gleichgewichts- und räumliche Orientierungsfähigkeit schult
-nicht nur am Tisch spielen
-sich bei Fantasiereisen und Igelballmassagen entspannen
-die Möglichkeit haben, ihre Kreativität auszuleben
-ihre Körperteile kennen
-auch bei Regenwetter draußen...