Ein Damenduft, der mit einem Mann wirbt: Wer kann sich denn so etwas erlauben? Chanel kann. Und wählt dafür einen Mann, der keine Werbung braucht für ein Produkt, das eigentlich auch keine Werbung nötig hat: Brad Pitt für Chanel 5. Das Image der 5 ist so übermächtig, dass man vergessen könnte, dass zur Kosmetik- und Duftsparte des französischen Luxusunternehmens auch noch andere Düfte gehören, etwa Coco Mademoiselle, Égoïste und Antaeus.
Und Lippenstifte, Lidschatten, Mascaras und Nagellacke, die der stille Belgier Peter Philips entwirft. Dabei orientiert er sich an den Farben, die Modezar Karl Lagerfeld für Haute Couture und Prêt-à-porter verwendet und muss doch viel weiter vorausdenken als der Modemacher. Philips tüftelt heute schon an den Schminkfarben, die die Reichen und Schönen in zwei Jahren auftragen werden.
Der erste abstrakte Duft
Die gelernte Näherin Coco Chanel hatte bereits in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts Frauen von steifen und unpraktischen Kleidern befreit und sie in Hosen, Tweedkostüme und in "das kleine Schwarze" gesteckt. Jetzt fehlte noch der passende Duft für die moderne, selbstbewusste Frau. Chanel beauftragte "die Nase" ihrer Zeit, den ehemaligen Hofparfümeur des Zaren, Ernest Beaux, mit der Entwicklung einer Auswahl von Düften. Zehn Proben bereitete der Duftexperte vor. Die Nummer fünf wurde Coco Chanels Favorit. Beaux soll damit gar nicht glücklich gewesen sein, denn eine wichtige Komponente der auserwählten Probe war Jasmin - eine besonders teure Zutat.
Insgesamt 80 Ingredienzien verwandte der Parfümeur für Chanel 5, darunter auch synthetische, die den Duft haltbarer machten. Das war damals revolutionär. Nun mussten die Damen nicht mehr mehrmals pro Stunde ihr Duftwässerchen nachtupfen. "Chanel 5 hat die Parfümwelt verändert, weil es der erste abstrakte Duft war", meint der heutige Chanel-Parfümeur Christopher Sheldrake. Coco Chanel selbst entwarf für ihr Parfüm den seinerzeit außergewöhnlich schlichten, eckigen Flakon.
1924 etablierte Coco Chanel die Parfümsparte ihres Unternehmens in Neuilly-sur-Seine und hatte rasch Erfolg mit ihrem blumigen Duft. Zu Lebzeiten der Modemacherin brachte das Parfüm 15 Millionen Dollar allein an Lizenzgebühren ein. In den 30er-Jahren posierte Coco Chanel selbst für die -5-Werbekampagnen.
Jahrelanger Rechtsstreit
So richtig glücklich wurde Coco Chanel mit ihrer Kreation trotzdem nicht. Aus geschäftlichen Gründen verband sie sich mit Pierre Wertheimer und dessen Bruder Paul, den Eigentümern des international erfolgreichen Kosmetikkonzerns Bourjois. Die Wertheimers hatten das Know-how, die Herstellungsmöglichkeiten und die nötigen Geschäftsverbindungen, um Chanel-Parfüms erfolgreich auf den internationalen Markt zu bringen, und übernahmen den Hauptanteil an Coco Chanels Parfümsparte. Mademoiselle Chanel handelte für sich einen Anteil von zehn Prozent aus, dafür brauchte sie kein Eigenkapita...