Ganze 20 Sekunden dauert die Trendwende. Es sind wertvolle Werbesekunden. Sie zeigen, wie eine Granatapfelknospe im Zeitraffer zur vollen Frucht ausreift und eine Stimme selig seufzt. Kurz darauf wird der Apfel gepflückt und eine glückliche Frau schäumt sich unter der Dusche ein. "Genießen Sie die Granatapfelschönheitsdusche von Weleda" wirbt eine Sprecherin aus dem Off. Das also ist er: der erste TV-Spot in der Firmengeschichte des anthroposophischen Naturkosmetik- und Arzneimittelherstellers. Unter dem Motto "Kraft durch Natur" präsentiert sich Weleda im Jahr 2013 erstmals im Fernsehen. Die Werbebotschaft steht für einen Zeitenwechsel: Das Unternehmen, das gemäß seinem Motto im Einklang mit Mensch und Natur lebt, will nun endlich auch Profit machen.
Als der Antroposoph Rudolf Steiner und die Ärztin Ita Wegman Weleda 1921 aus der Taufe hoben, hatten sie anderes im Sinn. Sie entwickelten das Unternehmen als pharmazeutischen Betrieb auf der Basis eines anthroposophischen Menschen- und Naturverständnisses. Die Gesundheit des Menschen sollte im Vordergrund des Unternehmens stehen, für Profit interessierte man sich nicht. Die Gründer von Weleda waren keine Kaufleute.
Arzneimittel und Naturkosmetik - auf diesen beiden Säulen fußt das Firmenkonzept von Weleda. Für das Unternehmen, in dem weltweit etwa 1.900 Mitarbeiter arbeiten, ist es selbstverständlich, dass seine Produkte mit natürlichen, vorwiegend pflanzlichen Rohstoffen hergestellt werden. Wichtigster Lieferant dafür ist der eigene Heilpflanzengarten in Schwäbisch Gmünd, der mit seinen etwa 20 Hektar der größte in Europa ist. Mehr als 260 Heilpflanzenarten wachsen dort, die - mit kleinen Umwegen - vom Feld direkt in die Tube kommen. Der Garten wird nach biologisch-dynamischen Richtlinien bewirtschaftet und ist Demeter-zertifiziert.
Damit ist Weleda weltweit erfolgreich, auf dem deutschen Naturkosmetikmarkt ist die Marke sogar führend. Mit Cremes und Lotionen erzielt das Unternehmen rund 70 Prozent seines Umsatzes. Das Sorgenkind sind die anthroposophischen Arzneimittel, die noch in den 80er-Jahren die wichtigste Geldquelle waren. Einerseits ist die Zulassung für Naturarzneien aufwendiger und teurer geworden. Andererseits haben anthroposophische Heilmittel eine zu geringe Marge. Weledas bestverkauftes Mittel beispielsweise, Hepatodoron für Leber und Darm, schafft nur 0,8 bis 1,3 Millionen Euro Umsatz. Die Maschinen produzieren das Medikament mit maximal sieben Prozent Auslastung. Rund 70 Prozent der Präparate machen Verlust.
Mehr als 2.000 Arzneimittel hat Weleda im Programm - ein hochdefizitäres Geschäft. 2011 taxierten Insider die Verluste aus dieser Sparte auf fast 42 Millionen Euro. Das Minus konnte Weleda mit Naturkosmetika ausgleichen, die seit den 90er-Jahren boomen. Doch in der jüngsten Vergangenheit wächst das Geschäft mit der grünen Kosmetik langsamer. Die Folge: Weleda rutschte in die roten Zahlen. 2011 lag das Minus bei 8...