Mit einem Hundebiss fing alles an. Drei Jahre alt war Martina Gebhardt da. Und hatte nach der Attacke des Vierbeiners ein Mal im Gesicht. Vom Biss auf der Wange blieb über die Jahre eine unschöne Narbe zurück, geholfen hätte nur die plastische Chirurgie. Doch davor hatte Gebhardt, mittlerweile zum Teenager herangewachsen, Angst. So begann sie, nach Alternativen zu fragen - und immerhin, ihr alter Kinderarzt hatte eine. Monatelang, so erinnert sie sich, massierte sie die Thymian-Wollwachssalbe auf, die der Mediziner für sie angefertigt hatte. Sie bemerkte mit Staunen: Nicht nur die Narbe milderte sich ab. Als positive Nebenwirkung verschwanden auf der eingecremten Wange die Aknepickel. Von da an las die damals 17-Jährige alles, was sie zum Thema Heilkräuter und Kosmetik in die Hände bekam. Und sie begann, zu experimentieren.
Kein "Wachstum auf Kredit"
Mit dem Ergebnis versorgt sie ihre Freundinnen mit Aknecreme, später entwickelt sie mehrere Produkte und startet, parallel zum Architekturstudium, einen kleinen Versandhandel. Es ist eine Unternehmensgründung in überschaubaren Schritten. Mit 19 vertreibt Gebhardt ihre selbstgemachte Naturkosmetik noch im familiären und Freundesumfeld, mit 27 gründet sie ihre eigene Firma. Der Einfachheit halber gibt sie ihr den Namen Martina-Gebhardt-Naturkosmetik. Seither wächst das Unternehmen beständig und ohne Schulden. Denn, das ist einer von Gebhardts Grundsätzen: "Wachstum auf Kredit heißt ungesundes, anorganisches Wachstum - das ist wie Kunstdünger bei Pflanzen."
Ein anderer Grundsatz ist es, sich in der Naturkosmetik auf das Wesentliche zu beschränken. Die Rezepturen bauen auf wertvollen Ölen, Kräuterauszügen und ätherischen Ölen auf. Großtechnisch hergestellte Tenside und Emulgatoren kommen ebenso wenig vor wie isolierte pflanzliche Wirkstoffe, die in anderen Naturkosmetika eingesetzt werden. Sinnliche Kosmetik, die sich auf das Wesentliche beschränkt, das ist Gebhardts Philosophie. Isolierte pflanzliche Wirkstoffe oder technisch hergestellte Emulgatoren sind tabu. Auch Vorgefertigtes kommt nicht in die Tiegel: "Wir kaufen alle Inhaltsstoffe, die auf unseren Etiketten stehen, selbst ein und mischen sie selbst. Früher war das üblich, heute sind wir damit eine große Ausnahme."
Moderne und Vergangenheit
Alle Produkte entstehen in einem alten Bauernhof in Rott am Lech südwestlich von München. 1990 hat die Unternehmerin das in Teilen mehr als 800 Jahre alte Gebäude gekauft und so umgestaltet, dass es modernsten Produktions- und Hygienestandards genügt und dennoch seine Ausstrahlung bewahrt hat. So sind 350 Jahre alte Holzbalken freigelegt und ziehen sich offen sichtbar durch die Büros der Mitarbeiter und durch den Ausstellungsraum. Die Produktionsräume im Erdgeschoss bilden das Kontrastprogramm dazu: Wohin man sieht, blinkender Edelstahl und keimtötende Schleusen. Durch die Fenster jedoch sieht man in den Garten, der den Hof umgibt. Industri...